Das Schützenwesen und die Bürgerwehren im alten Bautzen

von
Felix Wilhelm
1930
Druck und Verlag: Bautzener Tageblatt, Bautzen

Einführung

Das Schützenhaus 1767 Während in dem 12. Hefte der von der Gesellschaft für Vorgeschichte und Geschichte der Oberlausitz herausgegebenen Oberlausitzer Heimatstudien „Die mittelalterlichen Befestigungsanlagen der Stadt Bautzen und die Gründe für ihren teilweisen Abbruch“ behandelt wurden, war im 14. Heft der Heimatstudien von „Bautzens wehrhafter Bürgerschaft im Mittelalter“ die Rede. Es führte uns die Wehrverhältnisse bis zum Pönfalle der lausitzischen Städte im Jahre 1547 vor Augen, jenem berüchtigten Strafverfahren, durch das Kaiser Ferdinand die Bürgerschaft der Städte nicht nur wirtschaftlich aufs schwerste schädigte, sondern auch ihre stolze Wehrmacht zerschlug.

In Weiterführung des Gedankens soll nun gezeigt werden, wie die Bürgerschaft Bautzens in den ihr gezogenen Grenzen sich bemühte, wieder wehrhaft zu werden, um im Notfalle Haus und Herd verteidigen zu können.

Unsere Schwesterstadt Görlitz besitzt in der von Professor Dr. R. Jecht verfaßten Arbeit: „Aus der Geschichte der Görlitzer Schützengesellschaft“, abgedruckt im Neuen Lausitzer Magazin, Band 91, Seite 1 - 100 (N. L. M. 91), eine auf reiches Urkundenmaterial, das bis 1409, bez. bis 1393 (cod. III. 233) zurückreicht, gegründete Darstellung des Schützenwesens dieser Stadt.
Für Bautzen eine ähnliche Arbeit zustande zu bringen, dürfte kaum möglich sein. Fast sämtliche Schützenurkunden Bautzens sind durch den großen Stadtbrand im Jahre 1634 vernichtet worden. Was dann wieder aufgezeichnet wurde, ging bei dem großen Brande im Jahre 1709, dem auch das Schießhaus im Graben zum Opfer fiel, meist verloren. Die wenigen nach dem Brande gesammelten Blätter, von denen zwei Blätter aus den Jahren 1630 und 1667 vom Feuer stark angegriffen sind, wurden in dem Aktenstücke Rep. VII. Sect. II f. 5 zusammengebunden. Zum Glück ist damals die große Schützenlade nicht mit verbrannt, wohl deshalb, weil der Schützenbote seiner Dienstordnung gemäß gehandelt hat, die Schützenlade beim Ausbruch eines Feuers unversäumt vom Schießhause im Lauenzwinger nach der Alten Wasserkunst zu tragen (f. 6. Bl. 4 und 5).
Bei näherer Untersuchung der Lade fanden sich in ihrem Geheimfache eine Anzahl für uns sehr wichtige, in Vergessenheit geratene Schriftstücke, unter anderem die Abschrift der „Begnadigung“ Kaiser Rudolfs II. aus dem Jahre 1578 und die Original-Urkunde der „Begnadigung“ des Kurfürsten Johann Georg II. aus dem Jahre 1657, ferner die Schützenartikel von 1666 und 1681, sowie Abschriften der Schützenartikel von 1577 und 1583 in einer Sammlung alter Urkunden auf 5 Folioblättern von dem bedeutendsten Chronisten unserer Stadt, dem Stadtfeldwebel und Schützenältesten Kupferschmied Karl Friedrich Techell, dessen wertvolle zehnbändige geschriebene Stadtgeschichte uns leider verloren gegangen ist.
Auf Grund dieser Schriften, sowie auf Grund der Erinnerungen, die die Schützenältesten da und dort in den Akten zum Ausdruck bringen, ferner eines handschriftlichen Abrisses über das Bautzener Schützenwesen, ebenfalls von Techell, mehrerer geschriebener Stadtchroniken in der Stadtbücherei und der gedruckten von Böhland (B), Wilcke (W) und Reymann (Rm) ist es möglich gewesen, das nachstehende Gesamtbild zu entwerfen. Die Ratsakten über das Schützenwesen und die Bürgerwehren beginnen erst im Jahre 1709. Durch das freundliche Entgegenkommen des Stadtrates wurde mir das gesamte Material zur Verfügung gestellt, wofür ich an dieser Stelle den ergebensten Dank ausspreche. Da die Schützensachen in den Ratsakten sämtlich unter Repertorium VII, Section II laufen, wird bei Hinweisen auf Ratsakten im Texte nur der Buchstabe, die Nummer und das betreffende Blatt in Klammer eingefügt werden.

Auch wurde es als angängig erachtet, für die Zeit vor 1709 gewisse Verhältnisse beim Görlitzer Schützenwesen auf die der Stadt Bautzen zu übertragen, da beide Städte vor ihrer politischen Trennung im Jahre 1815 in engem, schwesterlichen Verhältnisse zueinander gestanden haben.

Die dem Texte beigefügten Bilder fanden sich teils in den Ratsakten eingeheftet, teils in alte Chroniken eingeklebt, teils im Stadtmuseum oder im Privatbesitz. Das Ministerium des Innern stellte gleichfalls einige Bilder aus „Bau- und Kunstdenkmäler Sachsens“, 33. Heft: Bautzen-Stadt von Cornelius Gurlitt in dankenswerter Weise zur Verfügung.

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Die freiwilligen Bürgerschützen und die Harnischschützen

Nach dem Pönfall 1547 bestand die Verpflichtung für sämtliche Bürger, die Stadt im Kriegsfalle zu verteidigen, sowie an den regelmäßigen wöchentlichen Waffenübungen und an den auswärtigen kriegerischen Unternehmungen, für die allerdings meist Söldner verwendet wurden, teilzunehmen, weiter. Die Stadt war zu diesem Zwecke seit Alters in 4 Verteidigungsbezirke geteilt worden und ist es geblieben bis in die Mitte des vorigen Jahrhunderts, nämlich das Reichen-, Lauen-, Ortenburger- oder Irrenberger- und Wendische Viertel. Zum Reichenviertel gehörten die Nummern 1 - 58 der inneren und 191 - 311 der Vorstadt, zum Lauenviertel die Nummern 59 - 130 der inneren und 312 - 454 der Vorstadt, zum Ortenburger- oder Irrenberger-Viertel die Nummern 131 - 204 der inneren und 1 - 94 der Vorstadt, zum Wendischen Viertel die Nummern 205 - 269 der inneren und 95 - 190 der Vorstadt, sowie 455 - 522 der Fischervorstadt. Die unansässigen Bürger, die Inquiliner hießen, blieben dauernd dem Viertel zugeteilt, in dem sie an dem Tage ihrer Bürgerverpflichtung wohnten (Schützen-Ordn. von 1836 § 9). Jedem Viertel waren ein Stadthauptmann oder Viertelsmeister, ein Leutnant und ein oder mehrere Rottenmeister, ebenfalls Bürger des betreffenden Viertels, vorgesetzt. Jedes Viertel führte eine Fahne. (Vergl.: Bautzens wehrhafte Bürgerschaft im Mittelalter, S. 10.)

In der Zeit nach dem Pönfalle aber trat es zutage – und es war nicht verwunderlich - , daß bei vielen Bürgern, besonders aus dem Handwerkerstande, eine gedrückte Stimmung, eine Unlust für militärische Betätigung Platz griff. Vergegenwärtigen wir uns nur, was seit dem Pönfalle anders geworden war: Die freiwillige Ratskür war aufgehoben, das Stadtvermögen zum größten Teile beschlagnahmt, die Geschütze und Bürgerwaffen waren weggeführt, die Zünfte mit Ausnahme der Fleischerzunft aufgelöst, und durch Vernichtung der alten Rechte und Freiheiten war den Zünften die Möglichkeit eines Wiederaufstieges beinahe abgeschnitten. Die Stadt befand sich in ähnlichen Verhältnissen wie das Deutsche Reich nach dem Versailler Vertrage. Diese Krisis zu überwinden, erforderte viele Jahre.

Wohl hatte es sich der Stadtrat angelegen sein lassen, daß die Bürger wieder in den Besitz von Rüstungen, das sind Armbrüste mit Spanner und Pfeilköcher, sowie von Musketen kamen, aber viele unterließen es, sich im Gebrauche dieser Waffen zu üben, und an den pflichtmäßigen Schießen nahmen immer weniger teil.

Aber es gab auch viele, die einsahen, daß eine waffengeübte, wohldisziplinierte Bürgerschaft gar sehr vonnöten sei, um „im Falle der eindringenden Not dem Feinde in tapferer Gegenwehr zu begegnen und das Vaterland sowohl, als sich selbst und die Ihrigen mit göttlichem Beistande vor feindlichem Einfalle desto männlicher beschützen zu können, zumalen dergleichen Uebung bei der hiesigen Bürgerschaft hoch vonnöten, indem diese liebe Stadt als die Hauptstadt des Markgrafentums bei einfallenden Kriegsläufen (wovor uns doch der höchste Gott in Gnaden verschonen wolle), wie die Begebnisse voriger Kriegszeiten bezeugen, jederzeit den meisten feindlichen Einfall zu befürchten habe“ (f. 5 Bl. 2 vom Jahre 1667).

Diese so gesinnten Bürger schlossen sich um 1550, vielleicht auch schon früher, zu einem freien Verbande zusammen, für den in den Ratsakten die Bezeichnungen Schützengesellschaft (f. 5 Bl. 2), Schützenbrüderschaft (f. 10 Bl. 1) und Freiwillige Schützenkompanie (f. 6 Bl. 23) vorkommen, die letztere Bezeichnung am häufigsten. Dieser Verband bildete nicht eine von der übrigen Bürgerschaft abgesonderte Schützengilde, wie in Görlitz, Zittau und den meisten Städten – eine solche hat es in Bautzen niemals gegeben –, sondern „die gesamte Bürgerschaft bildete gewissermaßen die Schützengilde und genoß seit uralten Zeiten alle damit verbundenen Privilegien und Beneficien“ (I n. 2 S. 2). Der Verband wollte sich nur der Pflege wehrhaften Sinnes und der Übung mit den Waffen ganz besonders befleißigen. Sie wählten ihre Mitglieder und Führer aus den „besseren Kreisen“ und unterstellten sich freiwillig den von ihnen entworfenen Satzungen.

Der Stadtrat erkannte die Bürgerschützen als gesetzliche bewaffnete Macht an (II c 5. Bl. 15), verpflichtete sie zum Schutze der Stadt und suchte ihr Ansehen auf alle Weise zu heben. Dies geschah, indem er 1577 ihre Schützenartikel bestätigte, indem er angesehene Bürger zu Schützenältesten einsetzte, indem er 2 Ratsmitglieder zu Pflegern und Vorgesetzten der Schützenkompanie bestimmte, ihre Schießen und Preisen aus der Kämmereikasse bedachte, ihnen das Recht zusprach, bei ihren Auszügen die Bürgerstadtfahne zu führen, kurz, indem er das Schützenwesen zu einer städtischen Einrichtung im vollsten Sinne des Wortes erhob (e 5 Bl. 5 und folgende).

Auch die jeweiligen Landesfürsten erwiesen den Bürgerschützen wiederholt ihre Huld und begnadigten sie mit wertvollen Rechten.

Nach der Gründung der freiwilligen Schützenkompanie glaubten viele Handwerker, nunmehr ihrer militärischen Verpflichtungen der Stadt gegenüber ledig zu sein. Aber darin irrten sie sich. Der Stadtrat bedrohte die mit Strafe, die ausblieben, wenn ihr Stadtviertel an der Reihe war, mit der Armbrust oder Muskete im Zwinger zu schießen. Man nannte diese Zwangsschützen „Harnischschützen“ (f. 5 Bl. 3) und bezeichnete die Dienstjahre als „im Harnisch stehen“. Drei Jahre dauerte für jeden jungen Bürger diese Verpflichtung. Ebenso hatten die Innungen gewisse Deputierte zu den Schießen zu stellen, die im Namen ihrer Innung und zu deren Vorteil teilzunehmen hatten (I n Bl. 18).

Im Jahre 1586 bestimmte der Stadtrat weiterhin, daß alle ansässigen und unansässigen Bürger bis zu ihrem 60. Lebensjahre aller vier Jahre, so oft das Viertel, dem sie angehörten, an der Reihe stehe, an dem Schießen um das Königreich (Königsschießen) teilzunehmen und eine Einlage von 12 gr. für die beiden Scheiben zu berichtigen hätten. Auch mußten sie mit der Viertelsfahne am Schützenauszuge teilnehmen (c. 7 Vol. III Bl. 17). Diese letztere Verpflichtung, an dem Auszuge sich zu beteiligen, wurde 1787 aufgehoben.

Die Bestimmungen über das jedesmalige sonntägliche Schießen im Zwinger wurden den Bürgern auf einem Täfelchen bekanntgegeben, das an der Türe der St. Petrikirche hing. Dagegen ereiferte sich der Primarius im Jahre 1701 und erhob Beschwerde beim Konsistorium, sowie auch darüber, daß die Schießen am Sonntage stattfanden. Das Konsistorium aber fand nichts Sündhaftes darin. Um aber allem Streite aus dem Wege zu gehen, ließ der Stadtrat das Täfelchen am Ratskeller anschlagen und verlegte 1722 die wöchentlichen Schießen auf den Montag (f. 4 Bl. 1 – 4 u f. 5 Bl. 3). Ein solcher Anschlag für das Täfelchen fand sich in Akta f. 11b eingelegt. Das Blatt, 40 : 43 Zentimeter groß, ist sehr schön geschrieben, aber sehr beschädigt; die Schlußworte und die Jahreszahl fehlen, das rote Wachssiegel ist abgesplittert. Da es wichtige allgemeine Bestimmungen enthält, sei es hier abgedruckt:

„Nachdem durch Aufrichtung einer besonderen Bürgerkompanie zum Auszuge bei jedesmaliger jährlicher Ausführung der Scheibenkönige und Marschälle die derzeitige Einrichtung, nach welcher die Bürger des Stadtviertels, welches die Reihe trifft, und des Harnisches bei den jährlichen großen Bürgerschießen gegen die gewöhnliche Einlage mitzuschießen verbunden sind, und die Zünfte und Handwerker gewisse Mannschaften dazu zu stellen haben, keineswegs aufgehoben, sondern es dabei sein unveränderliches Bewenden hat, also wird solches hiermit öffentlich bekannt gemacht, damit E. löbl. Bürgerschaft sich hiernach achten, und sowohl diejenigen, welche bei dem Königsschießen mitzuschießen, als diejenigen, welche das wöchentliche Marktschießen zu frequentieren verbunden sind, sich bei sothanen Königs- und Marktschießen . . . mögen.

Decretum in Senatu Bud.”

Wenn es in verschiedenen Absätzen der Schützenartikel von 1577 heißt: „wie vor Alters”, so darf wohl angenommen werden, daß in Bautzen festliche Schießen schon lange vor 1577 abgehalten worden sind. Hier werden die Verhältnisse in unserer Stadt denen von Görlitz entsprochen haben. Jecht weist in seiner Arbeit „Aus der Geschichte des Görlitzer Schützenwesens“ (N. L. M. Bd. 91) nach, daß das erste „Pfingstschießen zu dem Vogel“ im Jahre 1409 stattfand (cod. III. 596) und führt alle die Festschießen auf, die für die Zeit vor der Reformation und für die folgenden Jahrhunderte bis 1706 in den erhalten gebliebenen Urkunden verzeichnet stehen. Er bemerkt, daß in der Zeit der Hussitennot „förmlicher Schießunterricht“ erteilt worden sei (S. 6), und daß schon in den ältesten Zeiten die Schützen mit Preisen in Geld oder in Barchent oder Tuch zur Kleidung (Beingewand), sowie mit reichlichen Bierspenden begabt wurden. In dem Jahrhundert der Reformation sei mit dem Eindringen einer freieren Geistesrichtung auch in die Schützenkreise ein fröhlicherer Sinn eingezogen (S. 8). Die Veranstaltungen der Schützen seien zu eigentlichen Volksfesten für die ganze Stadt geworden, die vornehm und gering, alt und jung, Männer und Frauen, auch wenn sie mit dem Schießen gar nicht in Verbindung standen, mitfeierten. Da man in diesen Zeiten noch kein Schützenhaus hatte, hielt man die gemeinsamen Essen und Trinken in dem geräumigen Brauhofe ab, dessen Besitzer das Schützenbier lieferte (S. 9).

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Die regelmäßigen Schießen im Zwinger und „auf dem Berge“ (Schießbleiche)

Der älteste städtische Schießstand war der Schützenzwinger zwischen dem Inneren Lauentore und der Schützenbastei, dem jetzigen Stadttheater. Der Grund und Boden gehört der Stadt, das dort erbaute Schießhaus aber der Schützenbrüderschaft. Das geht daraus hervor, daß diese das 1709 abgebrannte Schießhaus aus ihren Mitteln wieder aufbaute. Sie verwendeten dazu 4 Dukaten und 4 Taler 32 Groschen aus den erhalten gebliebenen Beständen, ansehnliche freiwillige Beiträge der Mitglieder und ein beim Hospital zum Heiligen Geist aufgenommenes Darlehen. Der Rat lieferte nur eine Quantität Bauholz. „Dieses neue Schießhaus war für die Bürger viel bequemer gelegen und dem Winde nicht so preisgegeben wie das Schießhaus auf dem Berge, hatte auch einen gar luftigen Prospekt, wo die Schützen bei Regen gesichert waren.“ Auch wurde der Kegelschub längs der Stadtmauer wieder hergestellt (f. 6 Bl. 5 – 27). Der Weg zum Schießhause führte durch das Büttelgässel beim Stockhause am inneren Torbogen; die Schießbahn war nach Osten, nach dem alten Gymnasium in der „Bastei bei den Tuchmachern“ gerichtet und 120 Schritte lang.

Dieser Schießstand und das Schießhaus wurden von allen Schützen, den freiwilligen, den vom Harnisch, den aus den Vierteln und Innungen benutzt. Ursprünglich schoß man dort nur mit dem Stahl gegen die Wand (f. 5, 2). „Da aber nach dem großen Kriege von den Rüstungen (Armbrüsten) noch sehr wenige vorhanden, übte man nun auch mit den schweren Hakenbüchsen nach dem Schirme“ (Scheibe), dann mit den leichteren Musketen und endlich sogar mit gezogenen Stutzen, „von denen neuen, schönen, kostbaren Stutzen sich alle mit einander solche angeschaffet und es durch angewendeten Fleiß zu ziemlicher Fertigkeit gebracht, daß sie den anderen Sechsstädten nichts nachgegeben, wie denn auch Sr. Kurf. Durchlaucht (Johann Georg II.) vor langer Zeit (1663) bei der Tafel vorgebracht“ (Urk. von 1667). Auch die junge Bürgerschaft brauchte sie „zum Exercitio“ (f. 5 Bl. 2). Aber im Jahre 1667 beschwerte sich der Rektor Siebilis beim Rate, daß die Kugeln aus gezogenen Büchsen seine Schüler in Gefahr brächten. Deshalb verlegte die Kompanie dieses Schießen auf den schulfreien Donnerstag Nachmittag und auf die Schulferien (Bl. 3) und dann ganz auf den Schießstand auf der Schießbleiche. Nach der Erbauung des neuen Schützenhauses auf der Schießbleiche im Jahre 1767 wurde allmählich der ganze Schießbetrieb dorthin gewiesen. Im Jahre 1823 verpachtete die Kompanie mit Genehmigung des Rates das Schießhaus im Zwinger als öffentliche Tabaki an einen gewissen Letzmann (a 3), 1846 nebst dem dazu gehörigen Gärtchen mit zwölf Obstbäumen, dem Kegelschub und dem ganzen Inventar an den Tuchmacher Sondershausen zunächst für 57, dann für 120 Taler. Dieser erteilte in dem Sälchen der Bürgerjugend Tanzunterricht (a 3. Vol. II, 67). 1852 traten der Tuchfabrikant Truöl und Sohn in den Pachtvertrag mit 182 Taler ein. Am 14. Oktober 1858 wurde der Pachtvertrag aufgehoben, weil der Rat beschlossen hatte, den noch stehen gebliebenen inneren Torbogen des Lauentores nebst dem Ausreiter- und Stockhause abzutragen und den ganzen Platz freizulegen. Das alte Schießhaus wurde zu Gunsten der Schützenkasse für 2000 Taler von der Stadtkämmerei zum Abbruche übernommen, nachdem der Feldbesitzer Melde die darauf ruhende Schankgerechtigkeit für 500 Taler auf sein Haus, Lauengraben 685, hatte übertragen lassen (a 3 Bl. 174).

Das Lauentor Das vorstehende Bild zeigt uns den zu einem Rundbogen erweiterten letzten Teil des Inneren Lauentores vor seinem Abbruche im Jahre 1858. Das Bauwerk über dem Tore ist ein Teil des Wehrganges, von dem aus der Lauenturm zugänglich war. Die Türöffnung in den über 2 Meter starken Mauern des Turmes dient jetzt als Alkoven im 2. Stockwerke des Schneiderschen Hauses. Das Bild hat der Maler H. Hermann nach der Natur in Tusche gezeichnet, ebenso stellt eine Gravierung auf einem silbernen Schilde des Königsschmuckes der Adlerscheibe aus dem Jahre 1857 vom Goldschmied C. Reiche das Innere Lauentor in derselben Weise dar.

Über den Betrieb im Schützenzwinger entnehmen wir den Schützenartikeln von 1577, die im Anhange wiedergegeben werden, folgendes: Die von dem Stadtrate bestellten Schützenältesten führten die Aufsicht, ihren Anordnungen war unbedingt nachzukommen, „bei Strafe der Schützenältesten“. An den Sonn– und Festtagen zwischen Ostern und Michaelis wurde nach beendetem Gottesdienste um 11 Uhr die Schießbahn, um 12 Uhr der Schankbetrieb eröffnet. Unbeteiligten war der Zutritt unbedingt verboten. Während des Armbrustschießens durften die Kugelschützen die Schießbahn nicht betreten und umgekehrt. Um 2 Uhr wurde das Stichblatt angesteckt. Der beste Schütze erhielt den vom Stadtrate ausgesetzten Schießpreis, die Mark (damals 28 Groschen 12 Pfennige), auch das Kleinod genannt. Wollte ein Jungschütze um das Kleinod schießen, mußte er vorher eine Quote geben (wahrscheinlich ist eine Bierspende gemeint). Der zweitbeste Schütze gewann den grünen Kranz und die Einlage, die jeder Schütze in Höhe von 6 Pfennigen auf den Kranz zu machen hatte. Wer den Kranz nahm, mußte am nächsten Schießtage wieder einen Kranz stiften. Im Jahre 1652 kam der Brauch auf, dem Schützen statt des Kranzes einen Zinnteller zu verehren. 1699 schloß der Rat mit dem Zinngießer Oehmigen die Zinnlieferung für jährlich 30 Taler ab. Dafür hatte er zu jedem Sonntags- und Kompanieschießen zwei zinnerne gestochene Schüsseln, je 3 Pfund schwer, und den Kranzteller zu liefern (f. 5. Bl. 20).

Anfangs wurde der Schießstand im Zwinger von den Büchsenschützen und Armbrustschützen wechselweise benutzt. Dies führte bei der großen Zahl der Schützen wahrscheinlich zu Mißhelligkeiten zwischen beiden. Deshalb verlegte der Rat den Armbrustschießstand um 1500 in den Nikolaizwinger, der früher die doppelte Breite des jetzigen besaß. Die Röhrscheidtsche und Wilkesche Chronik (S. 155) unterscheiden im Jahre 1504 eine Armbrustschützenbastei und eine Büchsenschützenbastei. Mit ersterer kann nur die Gerberbastei gemeint sein, die auch anderweit in den Akten Schützenbastei heißt (II f. 12 Bl. 4). Um 1660 scheint nur noch recht wenig mit der Armbrust geschossen worden zu sein, deshalb „stiftete Ulrikus Hadamar ein Kapital von 50 Talern, hypothekarisch eingetragen auf dem Bierhofe des Christian Paukwein, Bürgers zu Budissin, zur Erhaltung des Schießens mit dem Stahl im Graben“ (Orig. i. d. Schützenlade).

Im Jahre 1722 wurden die pflichtmäßigen Schießübungen der Bürger vom Sonntag auf den Montag verlegt, der als „blauer Montag“ sowieso als halber Feiertag galt. Ueber den Schießbetrieb auf dem städtischen Schießstande auf der Schießbleiche geben uns die „Annociones“ der Schützenältesten aus dem Jahre 1768 ausführlichen und zuverlässigen Bescheid. Auf eine vom Rate zu Leipzig an den Rat zu Bautzen gerichtete Anfrage über die Schützenverhältnisse unserer Stadt sollten diese Darlegungen als Antwort dienen. Da ihr Inhalt vieles Wissenswerte enthält, sei er im Wortlaute wiedergegeben (Rep VII. Sect. II f. 6).

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Die öffentlichen bürgerlichen sogenannten wöchentlichen Markschießen

  1. Nach einer weit über hundert Jahre üblichen Observanz reichet der Magistrat aus dero Kammer-Revenuen jährlich 20 Mark Görlitzisch, jede zu 18 Gr. 8 Pfg., um welche von denen jungen Bürgern, damit dieselben ein Gewehr traktieren lernen, jeden Montag mit abgewechselten Gewehren dergestalt , daß den ersten Montag nach Ostern aus Musketen, den andern folgenden Montag aus Röhren, welche bei den Gewehren unter den Schützen Artikeln sub. A. Art. spec. 11 allda beschrieben sind, und am dritten Montag aus Stutzen oder gezogenen Röhren geschossen wird (Bl. 2).
  2. Ein jeder tut drei Schüsse, muß aber vorher eine Einlage von 4 Gr. praestizieren, wovon, wie die Tabella sub B beim Markschießen besaget, dergestaltige Geldgewinne gemacht werden, daß inclusive der Mark die Hälfte der Schützen gewinnt, die andere aber leer ausgehet.
  3. Die Scheibe bei den Schießen aus Musketen ist die sogenannte Vogel- oder Adlerscheibe, weil auf derselben ein mit ausgebreiteten und in die Höhe gerichteten Flügeln großer, schwarzer Adler gemalet ist. Bei dem Schießen aus Röhren aber gebraucht man eine ganz schwarze Scheibe mit einem weißen Blatte oder Umriß um das Centrum, welche mit einem 6 Zoll auseinander gezogenen Zirkel ebenso wie in der Adlerscheibe auf des Vogels Brust gemacht ist. Doch hat dieses Blatt inwendig um den Zweck noch einen Circul von 4 Zoll im Durchschnitt, schwarz oder braun gemalet, welches man das Braune nennt (Bl. 3).
  4. Diese beiden Schießgewehre sind inwendig ganz glatt, ohne die geringsten Züge oder Risse; die Schießstände aber bei der Muskete 324 Leipziger Ellen, bei den Röhren hingegen 282 dergl. Ellen von der Scheibe entfernt; jedoch sind die Scheiben im Durchschnitt drei Ellen breit und hoch.
  5. Dieser weite Schießstand und das Schützen-Exercitium auf einem Berge, wo der Wind von allen Himmelsgegenden darüber streichen kann, macht aber auch, daß aus glatten Gewehren nicht alle Schüsse die Scheibe halten, dahero dann sowohl bei den Markschießen, als bei dem ordentlichen Königsschießen, von welch letzterem eigentlich die Artikel handeln, der näheste Schuß gilt, der Schütze mag einen oder zwei gefehlet haben; es wird aber einem Schützen nicht mehr als 3 Schüsse für sich zu tun erlaubet.
  6. Wenn nun ein Schütze, jedoch nur bei dem Markschießen, alle drei Schüsse fehlet, so ist seine Strafe, daß er auf einem erhabenen Ort sich setzen und aller Vorgänger und Nachfolger Gesundheit trinken muß. Vor diesem war in dem alten Schützenhause deshalb ein gepolstert Bänkchen hinter dem Ofen mit der Überschrift:
    „Dies ist der Fehlersitz, wer sich nicht wohl verhalten,
    Der soll zu seiner Straf im Sommer nicht erkalten;
    Drum wer ein Schütze ist, der nehme sich in acht,
    Sonst ist sein bester Trost: Er wird brav ausgelacht.“
    In dem neuen Schützenhause aber ist in einer Ecke ein ordentlich erhabener Sitz mit einem Himmel angebracht, welcher ordentlich angestrichen ist und diese veränderte Ueberschrift hat:
    „Dieses ist der Ehrensitz für den, der dreimal fehlet,
    Die Schuld aufs Glück schiebt und sich mit Unmut quälet.
    Der beste Rat hierbei ist, daß mans besser macht
    und über den, der folgt, in aller Stille lacht.“ (Bl. 4.)
  7. Derjenige Schütze nun, der seinen dritten Schuß am nächsten zum Centro bringt, als welche dritten Schüsse, wenn sie nahe sind, mit einem Ringel vom Zieler markiert werden, erhält über seinem Geldgewinst einen zinnernen Teller von 1 ½ Pfund, worauf die Worte „Kranzschuß“ gestochen; dahero eines jeden dritter Schuß Kranzschuß genannt wird. Ist nun eines dritter Schuß der allernächste, so erhält er auch die vom Magistrato zum Praenio ausgesetzte Mark dazu, weil solche allemal der näheste Schuß erhält. Der Kranzteller aber wird von der jedesmaligen Einlage von 4 Groschen bestritten.
  8. Sowohl bei dem Mark- als Stifts- und Gesellschaftsschießen kommt von der Einlage jedes Schützen 6 Pfennig in die Schützenkasse und dieser Abtrag heißt „das Schützenrecht“ und ist in der tabellarischen Entscheidung schon mit abgezogen. Gegenwärtig (1768) gibt aber jeder Schütze noch 6 Pfg. zum „Schützenrecht“, um den Aufwand des neuen Schützenhauses mit tragen zu helfen. Daß aber diese Tabella sich mit der Zahl 7 anfange, rühret daher, daß von dem Magistrato eine Verordnung von Alters her vorhanden, daß, wenn bei einem Markschießen nicht 7 Schützen beisammen sein, denselben Tag um die ausgesetzte Mark nicht geschossen werden kann.
  9. Dieses Markschießen muß jeder junge Bürger drei Jahre nach erlangtem Bürgerrecht frequentieren, und wenn solche vorbei, stehet es in eines jeden Belieben, wegzubleiben oder sothane Schießen ferner mitzuhalten.
  10. Wenn nach der Mark aus Stutzen oder gezogenen Scheibenröhren geschossen wird, so darf kein Schütze einen Schuß fehlen; denn sonst gelten die anderen beiden nicht, und wenn er mit einem den Zweck oder Nagel ausgeschossen hätte. Jedoch kann er mit dem 3. Schuß den Kranzteller, aber kein Geld gewinnen. Zu diesen Schüssen aber sind die jungen Bürger nicht oblegieret (verpflichtet).
  11. Zur öffentlichen Nachricht, aus was für einem Gewehr diesen oder jenen Montag um die Mark geschossen wird, hängt denselben Tag an dem Stadtweinkeller eine Tafel, worauf der Prospekt von dem Schießplan und ein Teil von der Stadt aufgemalet und in der einen Ecke eine viereckige Oeffnung angebracht, und der jedesmalig vorkommende, wie bei einem immerwährenden Kalender, heraus geleget wird. (Bl. 5.)

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Außer diesen bürgerlichen Markschießen sind auch

die Kompanie- oder Gesellschaftsschießen,

welche in voriger Zeit in dem sog. Schützenzwinger, welcher eigentlich zum Stahlschießen (Armbrustschießen) nach der Wand designieret gewesen, auch aus Stutzen nach der Scheibe in einer Distanz von 120 Schritten gehalten, nachher aber aus verschiedenen Ursachen und besonders, weil es auf dem vor der Stadt gelegenen Schießplan viel freier und angenehmer ist, hinaus verleget worden, bei welcher ein gewisser Wunsch der Schützenfreunde, Honorationis Conditionis, sich zusammen vereinigt, daß ein jeder in seiner Ordnung sein Gesellschaftsschießen entrichtet, wobei noch folgendes anzumelden:

  1. Bei dem Anfange sothaner Gesellschaftsschießen werden aller Mitglieder Namen auf ein besonderes Täfelchen geschrieben, diese zusammen in eine Pot getan und von dem Schützenboten eines nach dem andern herausgeleset und hernach an eine große schwarze Tafel angehängt, das ein jeder sehen kann, wann ihn die Reihe trifft. Wenn nun einer sein Schießen gegeben, so wird sein Täfel abgenommen und aufgehoben.
  2. Der jedesmalige Spediteur gibt bei seinem Schießen 1 Speziertaler als Hauptgewinn und zwei zinnerne Teller, jeden 1 ½ Pfund schwer, und nach seinem eigenen Belieben ein paar kleine Nebengewinste auf gewisse choisik-(Glück)Schüsse. Auf dem einen Teller wird „Kranzschuß“, auf dem anderen aber „Schützengewinn“ nebst des Spediteurs verzogenen Namen und der Jahreszahl gestochen. (Bl. 6.)
  3. Ein jeder Schütze leget hierbei ebenfalls 4 Gr. ein und 2 Gr. zur Musik auf, insofern der Stadtmusikus bei einem jeden Companieschießen mit 8 Stimmen Concertmusik machet.
  4. Nach einer oben beschriebenen, großen schwarzen Scheibe werden successive von jedem 3 Schüsse nach eines jeden Belieben getan; doch muß die Einlage des Sommers vor 4 und im Herbst vor Michael an vor 3 Uhr nachmittags, der erste Schuß nach Gelegenheit der Einlagezeit vor 5 oder 4 Uhr geschehen.
  5. Die Ursache, warum die Rennscheibe sowohl bei Bürger- als Companieschießen die Höhe und Breite von 3 Ellen habe, ist kein anderer, als daß an diesem sehr freien und hohen Orte der Wind mehrenteils so heftig gehet, daß er in einer solchen Weite des Schießstandes von der Scheibe die Kugel weit vom Centro abtreibet, nach dem, ob der Wind links oder rechts gehet, wobei aber alle Budissinischen Schützen sich mit Rücken des Kornes am Gewehr zu helfen wissen. (Bl. 7.)
  6. Die ordentlichen Schützen haben übrigens zur Regel genommen, daß keiner den Hahn an seiner Büchse aufziehet und sticht, er hat denn sein Gewehr bereits auf den Nagel gelegt, angeschlagen und gezielet, welches diesen großen Nutzen schafft, daß, wenn, wie es wohl zu geschehen pfleget, der Hahn nicht in Ruhe bliebe und unversehens losschlüge, der Schuß nicht verloren gehet und kein Unglück durch Rechts- oder Linksschüsse zu befürchten ist. Wenn aber ein Schütze unten auf dem Brett des Standes den vor das Zündloch vor dem Ausputzer des Gewehrs gelegten Wergpflock, welches, damit zum Zündloche, davor gar viele Schützen, um das Abbrennen von der Pfanne zu vermeiden, zwei dergleichen Löcher haben, kein Pulver herausfalle und den Schuß verändere, geschiehet, hinwegnimmt und damit den Pfannendeckel oder den Stein abreibet, so leget er das Gewehr zwischen zwei Leisten, die also angebracht sind, daß die Mündung des Gewehrs gerade auf die Scheibe und die hinter derselben 20 Ellen breite und 6 Ellen hohe Schießmauer gerichtet ist, schüttet dann Pulver auf die Pfanne, schließt dieselbe und gibt mit einem im Standhäuschen aufgehängten Glöckchen das Zeichen, daß er schießen will, und wiederholet solches, wenn etwa das Gewehr nicht losgehet und er von neuem anschlagen will.
  7. In dieser schwarzen oder Rennscheibe darf kein Schuß gefehlet werden, denn sonst darf der Schütze, der einen Schuß fehlet, weder um den Speciestaler, noch um die Geldgewinste mitschießen, daher heißet diese Scheibe die Renn-, die andere aber, wo nach dem Gelde geschossen wird, die Stichscheibe. Derjenige nun, der seinen Schuß am nächsten dem Centro gebracht, bekommt unbeschadet eines oder zwei Fehler, den Kranzteller, welches daher rühret, weil in alten Zeiten der, der das Beste getan, einen Blumen- oder andern Kranz erhalten und zum Andenken aufheben, hingegen bei den künftigen Schießen einen andern machen lassen müssen.
  8. Jeder Schütze, der geschossen hat, wird von dem sogenannten „Purzler“ durch ein Sprachrohr zur Scheibe hinausgerufen und von dem Schützenboten oder Zieler sowohl auf die Scheibe als in sein Handbuch vermerket. (Bl. 8.)
  9. Wenn alle ihre 3 Schüsse getan, wird die Scheibe abgenommen und die Stichscheibe angehängt. Diese ist nur 2 Ellen im Durchschnitt und weiß mit einem 9 Zoll im Durchschnitt habenden schwarzen Blatte. Hiernach schießen diejenigen, die keinen Fehlschuß bei der schwarzen getan, nur mit 1 Schusse und erhält der Näheste den Speziestaler und die übrigen bis zur Hälfte der Gesellschaft die aus der Einlage gemachten Geldgewinste, besage der Tabella sub C, inmaßen bei den Companieschießen die Einteilung um deswillen anders gemacht wird, weil den Kranzteller der Spenditeur jedes Mal gibet, doch sind die 6 Pf. „Schützenrecht“ von jedem Schützen ebenfalls abgezogen. Kein Schütze aber kann mehr als 2 Speziestaler, solange die ausgelosten Kompanieschießen währen, erhalten; Teller und Nebengewinste aber so viel wie möglich. Sobald ein Mitglied der Gesellschaft den 2. Speziestaler empfängt, so wird er der nächste zum künftigen Gesellschaftsschießen, wenn er auch in der Verlosung der letzte gewesen sei. Ein Fremder, der nur manchmal pro Hospite (als Gast) mitschießt, kann weder den Speziestaler, noch einen Teller, wohl aber das beste Geld gewinnen. Wer aus der Gesellschaft seine 2 Speziestaler erhalten, d.h. abgefunden worden ist, der cediert denselben gegen Empfang des besten Geldes dem Nachfolgenden. (Bl. 9.)
  10. Diejenigen nun, die in der andern Hälfte sind und weiter kein Geld bekommen, oder in der schwarzen oder Rennscheibe oder auch beim Stechen einen Schuß geleistet, legen annoch 1 Gr. ein und schießen um den von dem Spenditeur ausgesetzten zweiten Teller; hieß ehedem der Fehler-Teller, hat itzo aber den Namen „Schützengewinn“ erhalten. Der Näheste bekommt solchen, die anderen aber bis wieder zur Hälfte die aus dem eingelegten Groschen gemachten Geldgewinste à 4, 3, 2 und 1 Groschen.
  11. Die Schüsse, soweit sie Geldgewinste erhalten, werden bei jedem Schießen von zwei Schützenältesten vom Centro aus abgezirkelt und aufgeschrieben und dann in ein besonderes Buch eingetragen dergestalt, daß ein jeder künftig wissen kann, wann und was er bei den mitgehaltenen Schießen gewonnen hat. (Bl. 10.)

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Das Vogelschießen

Um die Bürger im Schießen mit der Armbrust auf größere Weite hin zu üben, hatte der Stadtrat auf dem einst wüsten Platze vor der Taschenpforte eine hohe Vogelstange aufrichten lassen. Sie wird zwar erstmalig im Jahre 1551 erwähnt, doch darf nach den Schützenartikeln von 1577 geschlossen werden, daß schon lange vorher dort eine Vogelstange gestanden hat; denn schon 1487 ist in Bautzen ein Vogel- und Königsschießen abgehalten worden (I. m. 5 Bl. 29). Der Schützenbote hatte den bunt gestrichenen hölzernen Adler zu besorgen, aufzuziehen und die Bolzen oder Zwecke zu besorgen (f. 5 Bl. 1.). Es galt nun, mit dem stumpfen Bolzen den Adler herabzuschießen. Erstaunlich es ist für uns, wie weit und wie sicher manche mit der Armbrust zu schießen verstanden, und welch große Kraft in einem Bolzenschusse lag. Die Hauptgewinste waren der Königsspan, der rechte, der linke Flügel, Krone, Hals, rechter und linker Fuß, Schwanz, Reichsapfel und Zepter. Die anderen Teile hießen Späne. Der Schützenbote hatte die Bolzen und die abgeschossenen Teile des Vogels sammeln zu lassen und letztere dem Schützenältesten zu übergeben, der sie wog, numerierte und dem Schützen zuschrieb. Als dann im Laufe des 18. Jahrhunderts der Platz vor der Taschenpforte zum Festplatze für das Königsschießen ausgestaltet wurde, mußte das Schießen mit der Armbrust wegen der Gefahr der abschwirrenden Bolzen aufgegeben werden. Es wurde im Jahre 1751 mit der Büchse nach dem Vogel geschossen (c. 3). Es scheinen sich dabei manche Schützen unerlaubter Vorteile bedient zu haben, denn die Ältesten warnen: „Wer 2 Kugeln oder mit einem Kettel verbundene Kugeln schießt, wird mit Verlust der Einlage bestraft.“ (c. 3 Bl. 3).
Am 29. September 1767 wurden genaue Vorschriften über das „Vogelschießen mit Büchsen“ aufgestellt (c. 3 Bl. 6 – 11). Der Vogelkönig erhielt 20 Taler und eine zinnerne gestochene Schüssel von 1 Taler Wert, durfte auch im folgenden Jahre den ersten Schuß auf den Vogel tun, mußte aber ein silbernes Schild nicht unter 2 Taler 12 Gr. an Wert machen lassen und der Gesellschaft verehren, und das Geld wurde solange bei der Kasse behalten, bis gedachtes Schild übergeben war. Die übrigen Gewinne bestanden in Silber, Zinn, Kupfer, Messing oder in barem Gelde. Unter dem 6. August 1788 wurde ein neues Regulativ für das Vogelschießen vom Kämmerer und Ober-Schützenältesten Adam Christian Gottlob Rietschier abgefaßt (c. 3, Bl. 12 – 15), Original in der Schützenlade). Das 1767 erbaute Schützenhaus nahm den Platz der Vogelstange völlig in Anspruch. Da baute man die Vogelstange in das Schützenhaus selbst ein. Darüber lesen wir Rep. VII f. 6 Blatt 18:

Weil aus Stutzen nach dem Vogel geschossen wird, so diene zur Nachricht,
„daß die Vogelstange von unten par Terre an, am Ende des Saales oben durchs Dach hinaus gehet, welche, wenn sie gebraucht wird, mittels einer dazu gefertigten Maschine dergestalt hinauf gewunden wird, daß sie etwas über 30 Ellen über das Dach hervorraget, wo der Vogel an einer eisernen Spille eingeschraubet ist und mit welchem sie vom Dache an, perpenticulariter (senkrecht) in die Höhe gezogen wird, auf dem zweiten Boden aber in ein ordentlich dazu gemachtes Gerüst oder Gestelle einpasset und feste stehet. Außer Gebrauch aber stehet sie unterm Dache bedeckt und trocken. Der Schießstand ist außer dem Haus gegen Mittag nach Mitternacht und Morgen zu im Freien, und in einer Vertiefung, also daß davon der Vogel 80 Ellen entfernt ist, und die Kugeln, die nicht treffen, ins freie Feld gehen.“

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Das Schießen nach der Königsscheibe

Bis zum Jahre 1877 schoß man nur nach der „Weißen Adlerscheibe“ und nach der „Schwarzen Scheibe“, von 1878 an wird auf eine dritte Königsscheibe freihändig geschossen. Hören wir, wie nach dem Berichte der Schützenältesten im Jahre 1768 das Schießen verlief:

Königsschiessen „Bei den Schießen, welche Sonntags gar nicht, Freitags und Sonnabends nur nachmittags continuirt (gehalten) werden, ist im Schützenstand von Anfang bis zu Ende ein Standschreiber, wozu gemeiniglich ein Gymnasiast – Rektor Siebilis wählte dazu den gewissenhaftesten Primaner aus (c. 7 Bl. 30) – genommen wird, welcher alle in den Stand tretenden Schützen mit Vor- und Zunamen in alphabetischer Ordnung in ein Buch einträgt und die Schüsse mit den angewiesenen Zeichen markiert. Der Blattschuß wird Purzler genannt, weil in voriger Zeit, wenn ein solcher Schuß geschehen, der Junge, so den Namen der Schützen mit dem Sprachrohre hinausruft, verschiedene Purzelbäume geschossen (f. 6 Bl. 13). Wenn ein Schütze die Scheibe getroffen, kommt der Schützenbote oder Zieler aus seiner vor der Scheibe unter der Erde in einem kleinen Hügel gemauerten Hütte heraus, hängt den Weiser mit der schwarzen oder weißen Seite, nach dem der Schuß in der weißen oder schwarzen Scheibe ist, in des Schusses Loch, schlägt sodann mit drei und nicht mehr Schlägen einen runden Pflock darein, numeriert den Schuß und schreibt den Namen des Schützen, welchen der Purzler hinausgerufen hat, daneben. Ist der Schuß aber ein Blattschuß, so macht der Zieler einige Schwenkungen mit dem Weiser, ist er aber in der Braune, das ist der kleine 4 Zoll vom Centro betragende Zirkel mit der auf der Mauer aufgesteckten Schützenfahne, welche das ordinäre (gewöhnliche) Zeichen ist, daß geschossen wird, die Schwenkungen. Zu mehrerer Verhütung alles Unglücks werden bei diesem Schießen von dem Schießstande bis gegen die Scheibe auf beiden Seiten starke Leinen gezogen, damit niemand in oder über die Schießbahn laufen kann und soll“ (f. 6 Bl. 14).
In den schweren Kriegszeiten mußten die bürgerlichen Schießen eingestellt, zum mindesten konnte das Königsschießen nicht abgehalten werden. In einer Urkunde aus der Schützenlade von 1649 lesen wir:
„Nach dem wegen Krieg und Sterben von anno 1632 inclusive bis anno 1647 exclusive ganzer 15 Jahr (hat) nicht geschossen werden können.“
In diesem Jahre wurden nach langer Unterbrechung auch wieder Schützenälteste verordnet (f. 12 Bl. 4). In den Kriegen Friedrich des Großen war unsere Stadt dermaßen in Mitleidenschaft gezogen, daß in den Jahren 1757 bis 1762 keine Königsschießen abgehalten werden konnten (f. 8 Bl. 2), desgleichen fielen in den Jahren 1813 und 1814 und 1915 bis 1920 der Kriege wegen die Königsschießen aus.

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Land-, Lust- und Stiftsschießen

Wie Bautzen mit den Nachbarstädten im Bunde stand, so schlossen sich auch die Schützenzechen der befreundeten Städte zusammen und veranstalteten gemeinschaftliche Wettbewerbsschießen. Man führte zum Zeichen guter Harmonie, daß eine Stadt der anderen nach der Ordnung des vereinbarten Ranges einen grünen Kranz zusandte. Mit Uebernahme des Kranzes erhielt die Stadt das Recht, zu einem gemeinschaftlichen Landschießen einzuladen. Vom 15. bis 18. Juli 1590 wurde auf der Schießbleiche ein großes Landschießen gehalten, wozu viele Schützen aus Schlesien und Meißen geladen waren (M. S. 1088). Man schoß mit dem Stahl (Armbrust) und stumpfen Bolzen nach drei verschiedenen Vögeln. Der schwarze Vogel brachte für den Abschuß 20 Taler, der blaue Vogel 25 Taler, der gelbe Vogel 30 Taler. Jeder Spahn wurde mit 2 Talern bewertet. Die Einlage betrug für alle drei Vögel 5 Taler 9 Gr. Den Kranz für das nächstjährige Landschießen nahm Görlitz an. Im Jahre 1592 fanden sich 132 fremde Schützen aus 23 Städten zum Wettschießen wieder in Bautzen ein. 1601 schickten die freiwilligen Schützen 5 Mitglieder nach der Stadt Halle, die 156 Städte geladen hatte, ebenso 1602 nach Zittau, von wo die Budissiner 42 Gewinne heimbrachten (Tch. Bl. 5 und 4). Besonders eifrig und erfolgreich beteiligten sich die Bautzener Armbrustschützen an den in Görlitz abgehaltenen Landschießen. Im Jahre 1561 holte Simon Schulze aus Bautzen den grünen Adler herunter und erhielt als Preis 30 Taler, einen kostbaren Kranz samt einer Fahne; 1575 schoß Martin Ulrich den Hauptvogel ab und erhielt 50 Taler; 1592 nahmen unter 97 Fremden auch 18 Bautzener Bürger am Freilandschießen „zu dreien Vögeln“ teil und errangen die höchsten Preise (N. L. M. Bd. 91 S. 44 – 46). Bei dem großen Schießen im Jahre 1616, über dessen äußerst glänzenden Verlauf im ältesten Görlitzer Schützenbuche Bl. 209 bis 261 ausführlich berichtet wird, an dem 84 Städte und viele Angehörige des Ritter- und Herrenstandes sich beteiligten, errang Christof Baust aus Bautzen nächst dem Hauptkleinod den besten Gleichschuß (S. 57). Sicherlich werden, obgleich uns die Urkunden darüber fehlen, diese Schießveranstaltungen in Bautzen ähnlichen Glanz und Gepränge stattgefunden haben. Bei seinem Besuche zum Pfingstschießen im Jahre 1663 hatte der Kurfürst Johann Georg II. von der Stadt den Kranz angenommen und lud die Budissiner durch ein besonderes gnädiges Schreiben zu dem großen Landschießen ein, daß er im folgenden Jahre in Dresden veranstaltete (f. 12 Bl. 5).

Zur Freude und Kurzweil schoß man bisweilen auch auf absonderliche Ziele. So berichten die Chronisten, daß im Jahre 1614 die stattliche Zahl von 142 Bürgerschützen mit Trommel, Pfeifen und Saitenspiel, mit Musketen, Gabeln und brennenden Lunten zum Reichentore hinauszogen, um auf einen über die Felder fortbewegten hölzernen Reiter zu schießen (Rm. 690). 1678 schoß man auf einen holzgeschnitzten Drachen, der durch ein Maienbüschlein bewegt wurde, 1680 auf einen aus Holz geschnitzten Mohren und 1688 auf einen Türken in Lebensgröße (W. 517). Anklänge an die drohende und 1683 glücklich abgewendete Türkengefahr, die damals alle Gemüter bewegte.

Besonders hoch scheinen die Wogen schützenbrüderlicher Schießfreudigkeit in den Jahren 1709 bis 1728 gegangen zu sein, berichten doch die Akten Rep. VII. II. c. 3. 5. 8. 9. 12. 14. 16 fast nur über die in diesen Jahren abgehaltenen Lustschießen, an denen sich oft auch die Frauen der Schützen beteiligten. Erwähnt sei das Zitronenschießen aus dem Jahre 1719 (f. 5 Bl. 45). Auf einer strahlenförmig eingeteilten Scheibe hatte man abwechselnd in jedes Kästchen eine Zitrone oder einen „Quark“ (Käse) gemalt. Was jeder traf, erhielt er als Schießpreis, die besten Schützen außerdem noch „Gänse oder türkische Hühner“. Wir sehen, welch hohen Handelswert damals die Zitronen hatten. 1720 schoß man um einen polnischen Ochsen, 1728 um 2 polnische Ochsen, deren jeder 25 Taler kostete, um Hammel und anderes eßbares Getier (Bl. 49).

Hatte sich ein Mitglied des Rates oder der Kompanie die Königswürde erschossen, so bestand für ihn die Verpflichtung, eine ölgemalte Holzscheibe zu einem Lustschießen zu stiften. Diese Scheiben, obgleich meist keine Meisterwerke der Malkunst, spiegelten doch den Geist der Zeit und manches persönliche Empfundene wieder und erinnerten an manches für das Bautzener Schützenwesen wichtige Ereignis. Für den Geschichtsfreund hätten sie in mancher Hinsicht als Urkunden dienen können. Leider sind sie zum allergrößten Teile vernichtet worden, nur wenige, die vor dem Urteile des Kunstkritikers zu bestehen vermochten, blieben erhalten. Zum Glück fand sich in den Akten noch ein Verzeichnis der alten Scheiben mit näheren Angaben. Es verlohnt sich wohl, auf diese näher einzugehen; doch soll dies im Anhange geschehen, um den Gang der Abhandlung nicht zu unterbrechen.

Einer ganz besonderen Beliebtheit erfreuten sich die Legat- oder Stiftsschießen. Schützenfreunde hatten bei Lebzeiten oder in ihren letzten Willenskundgebungen teils der Schützengesellschaft, teils der Allgemeinheit ansehnliche Kapitalien vermacht, daß von den Zinsen jährlich gewisse Preise zum Verschießen ausgesetzt würden. Die in den Vermächtnissen enthaltenen Schießbestimmungen mussten von den Schützenältesten gewissenhaft eingehalten werden. Die bis in die neueste Zeit gestifteten Legatschießen sind diese:

  1. Licenciat Andreas Ulrikus Hadamar, 50 Taler im Jahre 1660;
  2. Schützenältester und Oberältester der Lohgerber Daniel Schaller, 50 Taler, 1682;
  3. Stadtsyndikus Michael Siegmund Neumann, 50 Taler, 1727;
  4. Schützenältester Kammerprokurator August Magnus Printz, 133 Taler, 1755;
  5. Bürgermeister Dr. Erdmann Gottfr. Schneider aus Semmichau, 200 Taler, 1758;
  6. Schützenältester und Kaufmann Johann Gottfr. Schramm aus Nadelwitz, 200 Taler, 1760;
  7. Schützenältester und Großkaufmann Friedr. Aug. Carus, 150 Taler, 1793;
  8. Oberschützenältester Kämmerer Christian Gotthelf Tietzen, 250 Taler, 1798;
  9. Stadtviertelshauptmann Kaufmann Joh. Gottl. Pannach, 200 Taler, 1817;
  10. Oberamtsadvokat Karl Traugott Fiedler, 250 Taler, 1825;
  11. Stadtrat Zimmermeister Joh. Traugott Zwiefel, 300 Taler, 1862;
  12. Schützenältester Eisenhammerbesitzer J. S. F. Petzold, 175 Taler, 1863;
  13. der Schützenverein, der Freihandschützenverein, das Unif. Schützenkorps und  Schützenfreunde zum König-Albert-Jubileum 1.000 Mk., 1898;
  14. Fanny und Elise Wannack zum Gedächtnis ihres Vaters, des Kaufmanns Johann Wannack, 1000 Mk., 1907;
  15. Drei Würdenträger des Unif. Schützenkorps stifteten 1925 das Dreikönigsschießen.
Die Stiftungsurkunden befinden sich teils in der Schützenlade, teils bei den Ratsakten. Näheres über ihre Bestimmungen berichten das „Goldene Buch der Stadt Bautzen“ von Bürgermeister Dr. Zahn, sowie Reymann, Geschichte der Stadt Bautzen, Seite 690 – 694. Außerdem wurden dem Schützenverein, dem Freihandschützenverein und dem Uniformierten Schützenkorps eine Anzahl gleicher Stiftungen zuteil. Die Inflation der Nachkriegszeit hat leider auch diese Bestände des Schützenvermögens zum größten Teile zerrinnen lassen.

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Die alte Schießbleiche und der Schützenauszug

Den Höhepunkt bürgerlicher Belustigung bildete zu einer Zeit, wo Ausflüge nach unserem schönen Berglande oder Lustreisen durch die Länder unbekannte Freuden waren, das jährliche privilegierte große Bürgerschießen. Privilegiert heißt es deshalb, weil in alter Zeit gewisse Fürsten die jeweiligen Scheibenkönige mit wichtigen „Begnadigungen begabt hatten“. Es sollte den Bürgern Gelegenheit geben, die bei den Uebungen erworbene Geschicklichkeit zu zeigen, Ehren zu erwerben und reiche Gewinne an zinnernem und silbernem Hausrat der lieben Gattin heimzubringen, damit sie umsomehr ihren Eheherrn zum löblichen Eifer ansporne. Der steten Feuersgefahr und der allgemeinen Unsicherheit wegen durften sich die Familien nicht gar weit von der Stadt entfernen. Man wählte zum Festplatze deshalb die Indingersche Garnbleiche, das waren die Spreewiesen vor dem Gerbertore, wo jetzt die Papierfabrik und die Gasanstalt stehen. Die um 1500 schon dort vorhandene Papiermühle des reichen Velten Ochsel schränkte den Festplatz nur unwesentlich ein, und durch Absprengen der Felsen verbreiterten die Bürger den Zugang durch die Spreegasse dorthin genügend, den die Gerberwalke oder Lohnmühle an einer Stelle etwas behinderte. (f. 12) Auf diesem Bleichplane hatte die Schützenbrüderschaft ein hölzernes Schützenhaus, ein Standhäuschen und nach dem kahlen Schießberge zu einen Scheibenstand anlegen lassen. Im Jahre 1552 ist zum ersten Male die Rede davon (f. 6), aber sicher ist der Platz schon lange vorher als Festwiese, oder, wie er allgemein hieß, als Schießbleiche benutzt worden.

Auszug der Schützen Zu Pfingsten, wenn die Natur am lieblichsten erblüht war, belebte sich der Platz. Laubhütten und Zelte wurden aufgebaut, das Schießhaus aufgeschlossen und hergerichtet. Große Tonnen guten Bieres ließ der Magistrat durch die dazu bestimmten Brauherrn herbeischaffen, fahrende Leute fanden sich mit ihren Karren ein, Fahnenstangen mit Laubgewinden wurden aufgerichtet und droben auf dem Berge der bunte hölzerne Adler vom Schützenboten auf die Fahnenstange hinaufgezogen (f. 10 Bl. 2).

Am Pfingstsonntage, nach beendetem Mittagsgottesdienste, rasselte Trommelschlag, die „Vergatterung“, durch die sonst stillen Gassen und erweckte in allen Häusern reges Leben. Die Bürger aus dem Stadtviertel, das nach der Reihe in dem betreffenden Jahre zum Auszug und Mitschießen befohlen war, die jungen Bürger aus dem Harnisch, die verordneten Meister der Innungen, allen voran die Schützenbrüderschaft, zusammen gegen 200 Mann, stellten sich mit ihren Fahnen auf dem Fleischmarkte hinter dem Rathause in Parade auf, um die Bürgerstadtfahne abzuholen. Unterdessen fuhren in den geschmückten Ratskutschen, einen Ratsdiener in blaugelber Tracht auf dem Kutscherbocke, die Scheibenkönige und -marschälle des Vorjahres, die Ratsherren und Schützenältesten zum Hause des Oberältesten, wo eine blaugelbe Fahne mit dem Stadtwappen ausgesteckt war. Hier wurde jeder Angekommene mit Pauken und Trompeten empfangen und mit Wein und Konfekt „regalieret“. Der Schützenbote schmückte sodann die Würdenträger mit den silbernen Schildern, die frühere Schützenkönige gestiftet hatten. Am Tage zuvor hatte er bereits die Schützenlade, die Adlerscheibe und die Schwarze Scheibe zum Hause des Oberschützenältesten gebracht. Jetzt nahte der Zug der Bürgerschützen mit Musik und stellte sich vor dem Hause solange in Parade auf, bis die Würdenträger sich eingereiht hatten. Der Stadtmusik folgte zunächst der Harnisch, dann trugen Ratsdiener die beiden neuen Scheiben, zwischen ihnen schritt der Schützenbote mit der Lade. Dann folgten die Könige und Marschälle, von den Ratsherren und Schützenältesten begleitet, sodann die Schützenbrüderschaft und das Stadtviertel mit seiner Fahne. Die ledigen Ratskutschen beschlossen den Zug.

Mit klingendem Spiel und wehenden Fahnen zogen die Bürger in ihren Festgewändern mit Armbrust oder Muskete, erfüllt von dem Bewußtsein, der guten Stadt und des Rechtes Schützer zu sein, geführt von den Stadtoffizieren zuerst ums Rathaus, dann durch das finstere Schülertor und die Gerbergasse hinab zur Schießbleiche, umströmt und umjubelt von der festlich gestimmten Menge, die aus Stadt und Dorf dichtgedrängt den Weg umsäumte.

Auf der Schießwiese von Pauken und Trompeten empfangen, salutierten sie die Fahnen und hörten dann, in einem Kreis zusammengezogen bei präsentierten Gewehren, das Verlesen der Schützenartikel an. Die gewesenen Schützenkönige und –marschälle bewirteten hierauf die Schützen reichlich mit Bier und wurden selbst vom Rate mit Wein, Bier und Gebäck bewirtet. Danach taten sie die ersten Schüsse nach den unterdes aufgestellten Scheiben (f. 6 Bl. 16 und nach Curiosa Saxoniae 47. Heft Bl. 208).

Am Montag begann das eigentliche Schießen. Nach jedem Schusse sprang der Zieler in buntem Gewande aus seiner Deckung hervor und zeigte durch Sprünge und Beinschwenken die Güte des Treffers an, bis gleich darauf der Donner der Böller den guten Schuß der Stadt auf der Höhe verkündete, an deren geschlossenem Mauergürtel er entlangrollte. Und droben auf dem Schießberge schwirrten die Bolzen zum Adler hinauf und rissen einen Span nach dem andern herab. Unmengen schäumenden Bieres rannen durch durstige Bürgerkehlen und die Frauen gaben an Trinkfreudigkeit ihren Eheherren wenig nach. Speisen aller Art gab es in reicher Fülle. Die Würfel rollten um süßes Backwerk. Um die fahrenden Leute, die in buntem Flitterstaat über das gespannte Seil liefen, tolle Sprünge und derbe Späße vollführten, um den Medizinmann und Ausschreier staute sich die schaulustige Menge. Kurzweilige Spiele erfreuten Kinder und Erwachsene. Die Wogen der Freude stiegen immer höher, jeder genoß sie in vollen Zügen; denn es gab ja nur eine Schießbleiche im ganzen Jahre.

Waren die Festtage verrauscht und war der Rumpf des Adlers von der Vogelstange herabgeholt, so bewerteten die Schützenältesten sorgsam und getreulich die einzelnen Schüsse. Die neuen Könige und Marschälle, die den „Nagel auf den Kopf“ getroffen hatten, wiesen sie in ihre Würden ein und schmückten sie mit den köstlichen Kleinodien. Den schlechtesten Schützen aber, dessen Blei am weitesten von der Zwecke saß, begabten sie wohl mit einem borstigen Ferklein – so hatte er auch noch „Schwein“ gehabt, worauf ja beim Schießen immer viel ankommt.

Solange man noch kein geräumiges Schießhaus hatte, beendete ein in dem Brauhofe des Bierspenders abgehaltenes Mahl die Festfreude. Dann löste sich alles in eitel Wohlgefallen auf (f. 6 Bl. 13).

Als dann im Jahre 1768 das neue Schützenhaus auf dem Berge vollendet war und große Räume zur Verfügung standen, wurden auch die Feierlichkeiten noch um vieles ausgestaltet. Ueber die Einführung der neuen Schützenkönige und Marschälle am letzten Sonntage des großen Bürgerschießens berichten die Ratsakten folgendes:

„Ehe die Austeilung der Gewinne geschieht, sammeln sich die Collegii Magistrati auf dem Schützenhause. Die Scheibenkönige und Marschälle werden in der Schützenältesten Stube mit den Schützenkleinodien geziert, sodann unter Vortritt des Oberschützenältesten und in Begleitung des Schützenältesten, wobei ein Mädchen Blumen verstreuet, aus sotaner Stube heraus und mit Rührung des Spiels um einen Teil des Schützenhauses herum zur vorderen Tür herein- und oben auf den Saal geführt und mit Trompeten und Freuden empfangen (f. 6. 15). Auf dem Saal tritt der Oberschützenälteste der geöffneten Tür der Stube, worin der Magistrat versammelt ist, gegenüber und hält nach Beschaffenheit der Zeit und Umstände eine Rede, teilt bei Verlesung der Könige und Marschälle und gewinnenden Schützen das vor ihm stehende Zinn aus, führt sodann die Könige und Marschälle in Begleitung seiner Kollegen in der Herren Stube, präsentiert sie dem Rate bei wiederum zugemachter Türe, ersuchet, denselben die Emolumente (Rechte) angedeihen zu lassen, welche ihre Vorgänger genossen, und setzet sich, nachdem der Consul regens (Bürgermeister) eine kleine Rede gehalten, mit seinem Gefolge an den bereiteten Tisch, woran die Anwesenden mit Backwerk und Wein traktiert, auch wenn das Glück, den nähesten Schuß zu erlangen, einen Kauf- oder Handesmann trifft, überreicht der Aelteste der Innung nach alter Gewohnheit einen Präsentwein, 8 - 12 Kannen, wobei die Höchste und Hohe Gesundheit (Landesherr und Magistrat) unter Trompeten- und Paukenschall getrunken wird. Wenn die Gesellschaft auseinander sich begeben, erhalten die Könige und Marschälle und der Biereigner, der statt eins in Brauurbar (Braurecht) angesessenen Königs das steuerfreie Bier brauet (der Bierkönig), von dem Stadtmusiko eine Nachtmusik“ (f. 6 Bl. 16).

Im Jahre 1681 verlegte der Magistrat das große Bürgerschießen auf die längsten Tage und die des sommerlichsten Wetters. Es begann am Johannistage, am 24. Juni, und endete am Tage Mariä Heimsuchung, am 2. Juli. Diese beiden Tage wurden im Jahre 1831 als Kirchenfeiertage aufgehoben und der Beginn des Festes auf den ersten Sonntag nach Johanni verlegt (c. 3 Bl. 5).

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Der spätere Schießplan als Festplatz.

In der Nacht des 15. August 1552 war im Berglande ein schwerer Wolkenbruch gefallen. Ein ungeheurer Wasserschwall wälzte sich ganz plötzlich im Spreetale entlang. Viele Häuser versanken in den stürmenden Fluten, mehr als 200 Menschen und viele Haustiere kamen ums Leben, auch das Schießhaus auf der Bleiche wurde weggerissen. Die Höhe des damaligen Wasserstandes zeigt uns heute noch der beschriftete Stein in der Gartenmauer des Hauses Nr. 4 an der Dresdener Straße an. Er befand sich früher in der Steinbrüstung der Heiligen-Geist-Brücke.

Dieses Naturereignis veranlaßte den Magistrat, den Schießstand im Einverständnis mit den Schützenältesten auf den Berg zu verlegen, wo schon die Vogelstange stand, und dort auch ein Unterkunftshaus für die Schützen zu bauen. Die Festlichkeiten aber fanden noch 200 Jahre lang auf dem grünen Wiesenplane im Tale statt, und, damit man bequemer von der einen Stätte zur andern gelangen könne, ließ 1559 der Schützenälteste Nitzsche einen gangbaren Weg zwischen beiden Plätzen anlegen und mit Bäumen bepflanzen.

Der Platz auf der Höhe, vom Schülertor aus nur durch einen schmalen Fußweg durch die Taschenpforte erreichbar, eignete sich noch keinesfalls als Festplatz. Steinbrecher und Kiesgräber hatten an vielen Stellen tiefe Löcher gegraben und den Schutt daneben angehäuft (f. 8 Bl. 1).

Im Jahre 1765 stand noch die viereckige Erdschanze vor der Taschenpforte, die den Aufgang zum Ziegelwall deckte, der damals bis zur Taschenpforte ging (f. 11 Bl. 5), und an der Stelle des jetzigen Scheibenstandes befand sich eine zum Teil noch erhaltene Schanze aus der Schwedenzeit (f. 11. Bl. 41).
Das Gras auf dem Plane und dem Berghange war als Hutung an die Fleischer verpachtet. Ueberall, wo sich nur ein irgend zugängliches Plätzchen befand, hatten Tuchmacher ihre Rahmen aufgestellt, fast bis hinab zur Lohmühle und zu Hausotters Garten in der Gerbergasse. Der Berg gehörte zwar im strengen Sinne der Kommun, aber der Rat überwies seine Nutzung der Schützenanstalt als einen Beitrag zur “Tilgung der durch dessen Bebauung entstandenen Schulden“ (f. 11 Bl. 25).

„Dagegen habe aber auch letztere die Verbindlichkeit auf sich, für die Unterhaltung des Schießhauses und des solches umgebenden Platzes zu sorgen, sowie den ganzen Plan, das Standhäuschen nebst Schießmauer immerwährend im Stande zu erhalten und alle sonst nötigen Ausgaben zu bestreiten“ (f. 11 Bl. 13 und flgd).
Der Hutungs-, Tuchrahmenzins (6 Pfennige für die Elle) und der Budenzins bildeten, wie der Schützenälteste Techell auf Grund von Rechnungen aus den Jahren 1686 und 1695, „die der Rat iustiviciert habe“, darlegen konnte, die einzige dauernde geldliche Unterstützung, die die Schützen aus der Kämmereikasse erhielten, und fast ihre einzige Einnahmequelle (f. 11b Bl. 45 – 48).

In den Jahren 1730 bis 1792 wendeten die Schützenältesten Scheel, Rietschier und Richter allen Fleiß darauf, den Platz um das Schießhaus zum Festplatze umzugestalten; und die Bürgerschaft unterstützte sie dabei bereitwillig mit Geldmitteln. Die Gruben wurden zugeworfen, die Schanze ganz oder doch zum größten Teile abgetragen, die Felsen hinter der Schießmauer weggesprengt, die Tuchrahmen verlegt. Lindenreihen wurden gepflanzt von der Taschenpforte bis zum Schießhause, vom Standhäuschen bis zur Schießmauer und weiterhin in acht Reihen längs des gewonnenen Geländes. Zweimal mußte die Pflanzung erneuert werden, weil die Preußen, die im Schießhause in den Jahren 1756 –1762, ein Lazarett eingerichtet hatten, die Bäume abschlugen und verfeuerten (f. 11 Bl. 27 – 29). Von Jahr zu Jahr erweiterte sich der Festplatz mehr und wurde besonders dadurch verschönert, daß 1792 der Westabhang parkartig mit Bäumen bepflanzt, mit Wegen durchzogen und zur Bequemlichkeit der Bürger mit steinernen Bänken und Tischen ausgestattet wurde. Im Volksmund wurde er „das Irrbüschel“ genannt.

Soweit der Platz verfügbar war, vermieteten ihn die Schützenältesten an Händler, Schaubuden- und Karussellbesitzer. 1708 durfte der Ratskellerwirt Steinberger dort ein Weinzelt aufschlagen; er verkaufte den Wein je nach Güte die Kanne für 3 bis 10 Groschen. 1722 erhielten die Weißbäcker das Recht, „Kuchen, Bäben und Bretzeln“ feilzubieten, und der Zinngießer Oehmigen durfte öffentlich dort zinnerne Gefäße verlosen (f. 5. 18.). Allmählich wurde der gesamte gesellige Verkehr auf den Platz um das Schießhaus verlegt, auf den der freilich gar nicht zutreffende Name Schieß„bleiche“ überging. Als nun der Magistrat 1774 an der Stelle der engen Taschenpforte einen weiten Torbogen erbauen und statt des Fußweges einen Fahrweg anlegen ließ, zogen in diesem Jahre die Schützenkönige zum ersten Male auf diesem Wege zur Schießbleiche. Das neuerbaute Tor nannte man fortan das Königstor und den anstoßenden Wallteil den Königswall (f.12 Bl. 6). Vorher hatte der Festauszug seinen Weg durch die Steingasse und durch das Ziegeltor nach dem Schießhause nehmen müssen (Rudolfsche Chronik S. 608).

Die neuen, schönen Anlagen fanden den ungeteilten Beifall der Bürger. Um den düsteren Gassen und Häusern der Stadt auf einige Tage möglichst entrückt zu sein und Sonnenglanz und Wärme in vollem Maße genießen zu können, bauten sich einzelne Familien Zelte auf dem Platze zu möglichst langem und ungestörtem Aufenthalt bei schönem Wetter. Der Schützenälteste Techell errichtete 1794 das erste Familienzelt, von Jahr zu Jahr wurden ihrer mehr und 1828 stieg ihre Zahl auf 61. In drei Reihen bedeckten sie den größten Teil des Platzes. Dazu kamen noch die Zelte der Bürgersocietät, der Ressource, der Harmonie und die Schützenzelte. Oeffentliche Schankzelte gab es außer dem Weinschanke des Kellerwirtes Steinberger nicht, aber im Schützenhause war für die, die keiner Zeltgemeinschaft angehörten, Speise und Trank zu haben. Das erste Schankzelt eröffnete Laue im Jahre 1876. Das Leben auf der Schießbleiche während des großen Bürgerschießens glich einem großen Familienfeste, an dem sich die ganze Stadt in schöner Harmonie zusammenfand.

Die sozialen Verhältnisse der Gegenwart haben daran viel geändert. Die Gesellschaftszelte sind bis auf das Schützenzelt, die Familienzelte bis auf eines verschwunden, und öffentliche Schankstätten sind an ihre Stelle getreten. Die Veranstaltungen haben den Charakter eines jahrmarktlichen Vergnügungsecks angenommen, und wenn nicht der Stadtrat gewisse geschichtlich überlieferte Gebräuche festhielte, würde auch unser Bürgerschießen ebenso wie in vielen anderen Städten in Verfall geraten.

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Das Schießhaus und der Schießstand.

Das im Jahre 1553 „auf dem Berge“ erbaute hölzerne Schießhaus hat 126 Jahre gestanden. Es enthielt keine Festräume und wurde nur beim großen Bürgerschießen geöffnet und benutzt, wie das Schießhaus auf der Bleiche. Bei der Pest, die im Jahre 1559 die Stadt verheerte, brachte man viele Kranke darin unter. In den Stürmen des Dreißigjährigen Krieges geriet es ganz in Verfall.

„Da haben unsere Schützenältesten“,
so heißt es in einer Urkunde von 1630,
„dahin getrachtet, wie der Schützenbrüderschaft zum Besten ein Corpus oder Capital gesammelt und zuwege gebracht werden möchte, damit zu mehrerer Anfrischung der jungen Schützen zum Königreiche (zu regerer Beteiligung am Königsschießen) etwas könnte gebessert werden, deshalb sei unter der Brüderschaft eine Verordnung aufgerichtet, so ein jeder, der das Glück zu einem Zweckschusse gehabt, ein Kleinod (silbernes Schild oder Geldbetrag) in die Lade (Schützenlade) geben müsse. So ist von meinen alten vorigen Collegen beschlossen und bewilligt, auch ins Werk gesetzt worden, daß diese Kleinode zu Gelde gemacht und als Capital auf Zins gelegt, und (bis) das Corpus durch fleißige Zuwendungen (sich) auf 200 Taler erstrecken werde. Es kommt nun in Erfahrung, daß meine jungen Collegen, so zu diesem Werk das geringste contribuiret (das wenigste beigesteuert), sich unterstehen wollen, (dieses Kapital) anzugreifen und in ein vergängliches Gebäude stecken wollen, wogegen protestieret Hieronymus Ruprecht“ (f. 5 Bl. 1).

Damit die Schützen bei schlechtem Wetter nur einigermaßen Schutz fänden, baute die Kompanie neben dem verfallenden Schießhause aus rohen Ziegeln ein kleines Unterkunftshaus mit einer Trinkstube, welches das „rote Häuschen“ hieß (f. 12 Bl. 4). Erst 1679 konnten die Schützenältesten zum Baue eines neuen Schießhauses schreiten, „zu dem, Gott Lob, um alsofort den Anfang zu machen, vier Stück Eichen angeführt worden seien“ (f. 5 Bl. 8). Das aus Holz und Fachwerk erbaute Schießhaus fiel aber so klein aus, daß die festlichen Veranstaltungen auch nicht darin abgehalten werden konnten. (Bl. 2) In einer Stube hatte 1722 der Knopfmacher Lehmann zur Unterhaltung der Schützen eine von ihm gebaute „Billarddrucktafel mit Stiele“ aufstellen dürfen, die bald einen Anziehungspunkt für viele Bürger bildete. (Bl. 8) In den Kriegsjahren 1756 bis 1762 wurde das Schießhaus viermal als Lazarett verwendet und so beschädigt, daß die Schützenkasse 1000 Taler zur Ausbesserung aufwenden mußte (f. 11b Bl. 45 – 48). Nach 90 Jahren war das Schießhaus ganz baufällig geworden, so daß ein Neubau nicht länger aufgeschoben werden konnte. Die Pflege des Schützenwesens lag damals in den Händen sehr rühriger Männer, des Oberschützenältesten Stadtrichter Gottfried Richter und der Aeltesten Henrici, Schramm, Kaufe und Otto. Obgleich sich in der Schützenkasse nur 300 Taler, sowie je 50 Taler vom Hadamarschen und Schallerschen Legat vorfanden, legten sie doch am 18. März 1767, und zwar in aller Stille, den Grundstein zu dem neuen Hause und übergaben dem Maurermeister Mierich und dem Zimmermeister Kühn die Ausführung des Baues. Das alte Schießhaus blieb während des Baues innerhalb der neuen Mauern stehen. Am 21. August wurde das Dachgerüst geschlossen, und die Schützenfrauen ließen es sich nicht nehmen, den Hebebaum aufs reichste auszustatten, wofür sie dann auch im „alten Weinberge mit einem Souper und Tanze divertieret wurden“. Am 17. November konnte das Schießhaus bereits mit einem Festschießen eingeweiht werden, obgleich der Ausbau noch nicht vollendet war.

Die ganze Bürgerschaft hatte an dem Baue mit geholfen. Die städtische Kämmereikasse bewilligte 300 Taler bar, ferner Balken und Rüsthölzer aus dem Wuischker, Postwitzer und Uhyster Forsten und einen Brand Ziegel aus jeder städtischen Ziegelscheune. Die Tischler lieferten die Türen und Fenster umsonst, die anderen Bauhandwerker verlangten nur ganz geringe Bezahlung für ihre Arbeiten, die Pferdehalter der Stadt und viele befreundete Bauern fuhren Steine, Ziegel, Kalk und Sand als „Betfuhren“ an, der Kupferschmied Techell schenkte den kupfernen Dachknopf mit der einen Schützen darstellenden Wetterfahne, außerdem brachten die Bürger noch 671 Taler durch freiwillige Spenden auf (f. 12 Bl. 5). Zum Ausbaue aber mußte die Schützenkasse noch 3000 Taler aufnehmen, zu deren teilweiser Tilgung mit Genehmigung des Kurfürsten die Steuerbeträge von den 12 Königsbieren, die in den Jahren 1756 bis 1762 nicht gebraut worden waren, verwendet werden durften (f. 8 Bl. 1 und Denkschrift im Knopfe der Wetterfahne).

Das Schützenhaus 1767 Herrlich und stattlich, mit weiten, freien, sonndurchfluteten Räumen, wie sie sonst kaum ein Haus der inneren Stadt besaß, stand das neue Schützenhaus da, der Stolz und die Freude aller Bürger. Es maß 50 Ellen in der Länge, 30 Ellen in der Breite, hatte gegen Abend 3 Stuben nebeneinander und gegen Morgen eine 20 Ellen lange Schankstube. Eine Treppe hinauf gegen den Scheibenstand hatte es ebenso 2 Stuben, in der Mitte den 18 Ellen langen und 12 Ellen breiten Saal mit 3 hohen Bogenfenstern, gegen Morgen wieder 2 Stuben und in den Giebeln 4 Sommerstübchen mit gar freundlichen Ausblicken auf das Gebirge. Der innere Ausbau dauerte aber noch ein volles Jahr. An der Decke des Saales und den Zimmerdecken der anstoßenden Stuben befestigte man die schönsten gemalten Königsscheiben zum Andenken an ihre Stifter (f. Bl. 16), und in einer Stube stellte man die vielbenutzte „Billarddrucktafel“ wieder auf. Die Schützenkompanie feierte im Dezember 1768 mit Gottesdienst und Turmblasen in den Vormittagsstunden, am Abend mit Konzert, Tafel, Ball und Illumination ihren Einzug in das festlich geschmückte Heim (f. 7 Bl. 18).

Eine festliche Veranstaltung folgte auf die andere in dem Schießhaussaale, dem ersten und einzigen Ballsaale der Stadt, und die Ratsakten berichten viel davon, wie die Herren Schützen, ihre Damen und Demoiselles Töchter die Freuden des Daseins im Schießhause in vollen Zügen genossen. Ein Kasiono der ersten Bürgerkreise veranstaltete jeden Winter 8 Konzerte, wozu 30 Mann des Collegii musici unter dem Stadtmusikus Richter aufspielten (Bl. 3). Jedes Konzert schloß mit Ball und Tafel. Zur Feier der Vermählung des Kurfürsten Friedrich August mit Maria Augusta von Pfalz-Zweibrücken stellte man eine Festtafel mit 160 Gedecken auf, deren Kosten in Höhe von 92 Talern 2 Gr. 5 Pfg. die Kompaniekasse deckte. Im Sommer fanden sich zu jedem Kompanieschießen in einem Zelte an der Schießbahn auch die Schützenfrauen ein, und die Stadtmusici spielten dabei auf (f. 7 Bl. 1, 3, 10).

Als Dank für die Bauhilfe, die die Bauern der umliegenden Dörfer geleistet hatten, sollen die Schützenältesten der Dorfjugend an den beiden Schießbleichsonntagen den Freitanz vor dem Schießhause und im unteren Flure des Schießhauses zugelassen haben. Zu den schrillen Tönen der Klarinette und der dreisaitigen Husla drehten die Bauernburschen ihre Schönen im tollen Wirbel um die Säule, die die Decke stützte. Und wenn die Würdenträger durch den Flur zum Schießhaussaale hinaufgeleitet wurden, begrüßten sie die wendischen Musikanten mit einem ohrenbetäubenden Tusch. „Brummstall“ nannte man dieses ländliche Tanzvergnügen, das einen eigenartigen Anziehungspunkt auch für die Städter bildete. Schade, daß mit dem letzten Umbaue dieser alte Brauch hat aufhören müssen.

Die größte Verehrung zollte man dem Manne, der das Schießhaus vor allem zustande gebracht hatte, dem Oberschützenältesten Prätorius Gottfried Richter, späteren Bürgermeister der Stadt. Selbst 100 Jahre nach dem Baue des Schießhauses bekundeten die Schützen ihren Dank gegen diesen Mann damit, daß sie auf der Jubiläumsscheibe unter das Bild des Schießhauses die Worte setzten: „Dank Dir, Richter“. Die Scheibe hängt im unteren Flure des Schießhauses. Er selbst empfand eine solche Freude an seinem wohlgelungenen Werke, daß er am Westabhange des Schießberges hinter der Schießmauer ein Denkmal aufrichten ließ. Auf einem 3 Meter hohen Sockel erhob sich eine auf Klauen stehende, mit einer Vase bekrönte Pyramide. Jede der 4 Seiteninschriften bildete ein Chronostichon, die 4 für die damalige Zeit wichtige Jahreszahlen enthielten. Die Inschrift ist später beseitigt worden. Sie lautete einst:

Da Wie WIr Waren Vnter Vnsers PrIntzens XaVer II MaIestaetIsChen SChVtz (1766)
aVCh Vnter Des ChVrfVIerst AvgVstVs RegIrVng ist Vnsern EIn Wohnern zVM NVtz (1768)
Der BVIrger SCHVetzen PLan nebst HaVss Mit SChönheIt aVsgezIeret (1773)
Wo sICh nVn IeDer Mann so Ietzt aLs KVInftIg ReCreIret. (1776)
Das Denkmal steht, leider stark beschädigt, heute noch hinter der Schießmauer im Irrbüschel. Der Senator Richter ließ auch eine in Silber gearbeitete verkleinerte Darstellung des Denkmals anfertigen und in die Schützenlade legen (jetzt im Stadtmuseum).

Die Schützenlade hatte die Bedeutung der alten Zunftladen. Es gab eine große und eine kleine Schützenlade. Die große Schützenlade enthielt die wichtigsten Urkunden und Kleinode, besonders den in den Jahrhunderten gesammelten Königs- und Marschallschmuck. Sie wurde beim Schießhausbrande im Jahre 1709 gerettet. Die kleine Schützenlade, in der die Gelder, die Abrechnungen und andere bedeutsame Schriften lagen, verbrannte damals, und der Barettmachermeister Johann Christian Otto ließ im Jahre 1713 auf eigene Kosten eine neue, reichverzierte Lade anfertigen und schenkte sie der Kompanie. Beide Laden stehen jetzt im Stadtmuseum. In der kleinen Schützenlade befanden sich um 1820 nach einem Inventarverzeichnisse (f. 9 Vol. I) das Ehrenbuch, in rotem Samt gebunden, mit silbernen Ecken und silbernem Mittelschild „zur Eintragung der gemachten Verehrungen, Stiftungen und besonderer Merkwürdigkeiten (jetzt im Stadtarchiv); ferner ein vom Oberschützenältesten Stadtrat Dr. Scheel geschenkter silberner Pokal, ein desgleichen silberner Pokal in Maroquin-Etuis vom Stadtrichter Pannach und ein messingener Haarzirkel“. Die Laden wurden früher in der Schützenstube aufbewahrt.

Die Schützenstube im Schießhause galt von jeher als der „geheiligte“ Aufenthaltsort der Schützenältesten und durfte von den „gewöhnlichen“ Schützen nur mit Ehrfurcht betreten werden. Hier wurden von den Vorständen die Scheiben ausgezirkelt, die Preise verteilt und alle Amtsgeschäfte erledigt. Jetzt ist sie ziemlich einfach ausgestaltet. An ihren Wänden hängen zahlreiche Lichtbilder von Gönnern und Freunden, so das Bild des Bürgermeisters Löhr, des Kaufmanns Johann Wannack, des Goldschmieds und Schützenältesten A-E. Boetius (1853), aber auch einiger nicht mehr gekannter Persönlichkeiten, außerdem zwei alte Oelgemälde, deren eines den Schützenältesten und Großkaufmann Carus (1793), das andere wahrscheinlich den Stadtviertelshauptmann Pannach (1817) darstellt.

Die Oekonomie im Schützenhause lag in den Händen des Schützenboten, der auch dort wohnte. Das Amt des Schützenboten war ehedem ebenso einträglich als verantwortungsvoll und wurde viel begehrt. Der Rat stellte den Schützenboten an und verpflichtete ihn eidlich zu gewissenhaftem Handeln; den Schützenältesten aber stand das Kündigungsrecht zu (f. 6 Vol. I. Bl. 9). Der Schützenbote war Vertrauensmann der Schützenkompanie und hatte zu sorgen für getreuen Ausschank an allen Schießtagen, desgleichen für Scheiben, Pflöcke, Lunten, Zwecke und Licht, hatte den Vogel auf die Stange zu ziehen, als Zieler die Schüsse anzuzeigen zu den Schießen einzuladen, die Schießbahn im Stande zu halten, die beiden Schützenhäuser im Graben und auf der Schießbleiche zu beaufsichtigen und bei Ausbruch eines Feuers zuerst die Schützenlade in Sicherheit zu bringen, und zwar aus dem Schießhause im Zwinger in die Alte Wasserkunst, aus dem Schießhause auf dem Berge aber ins freie Feld (f. 6 Bl. 4 und 5).

Zur Zeit der Erbauung des Schießhauses war Daniel Kühn Schützenbote, dann dessen Sohn Christian Gottlob und nach diesem sein Enkel Karl Christoph Kühn. Von 1800 bis 1813 bewirtschaftete der Schützenbote Kießling, dann bis 1847 der Schützenbote Platz das Schießhaus, zuletzt gegen Erstattung von 70 Talern jährlich (a 1. Bl. 1). Dann aber, als der Schankbetrieb einen immer größeren Umfang annahm, setzte der Magistrat einen selbständigen Pächter ein: Leuschke bis 1853, Bradel bis 1870, Laue bis 1878, Vötig bis 1902 und zuletzt den Pachter Döltz.

Die Schießbahn hatte bis 1872 nur die halbe Breite und war von Standhäuschen bis zur Schießmauer erst mit Leinen, dann mit eisernen Ketten abgesperrt, die der Schützenfreund Techell unentgeltlich gefertigt hatte. Es gab einen Schießstand von 328 und einen von 282 Leipziger Ellen Länge. Im Jahre 1872 verbreiterte man die Schießbahn auf das Doppelte (a. 48. Bl. 19), begrenzte sie 1888 beidseitig zum Schutze gegen Unfälle durch Holzzäune und errichtete 1903 die Schießblenden zu gleichem Zwecke (Bl. 108 und 115).

Die Scheibe hängte der Schützenbote an einer Steinsäule auf, die in dem stehengebliebenen Teile der alten Schwedenschanze aufgestellt worden war. Er mußte nach jedem Schusse aus seinem unterirdisch angelegten Zielerstande zur Scheibe hinaufsteigen und die Scheibe ein-, anderthalb oder zweimal umtanzen, wenn der Schuß nahe an der Zwecke saß, und der Kanonier löste je nach der Güte des Treffers 1 bis 3 Böllerschüsse (c 17, III Bl. 128). Dies tat er auch, wenn bei der Königstafel die Scheibenkönige ihre Festsprüche ausbrachten, was ein Fanfarensignal aus dem Saalfenster ihm anzeigte. Als aber am zweiten Festsonntage des Jahres 1901 der Wachtmann Sieber beim Böllerschießen tödlich verunglückte, wurde das Böllerschießen für alle Zeiten abgeschafft. Die drei Böller verkaufte der Stadtrat als altes Eisen. Bei dem 25jährigen Amtsjubiläum des Schützenältesten Karl Friedrich Techell im Jahre 1831 benutzte man zum Böllern zwei von einem Mitgliede der Schützengesellschaft aufgestellte kleine messingene Kanonen.

Das Standhaus Es gab auf der Schießbahn früher zwei Standhäuschen, eines für den langen und eines für den kurzen Stand. Als 1657 der Sturm eines dieser Holzhäuschen umwarf, baute man sie aus Ziegeln auf, aber wieder so klein, daß eben nur der Schütze, der seinen Schuß abgeben wollte, nicht auch der Standschreiber darin Platz hatte (a 23, Bl. 101). Die Gewehre mußten in dem dunklen Flur des Schießhauses geladen werden, dann hatten die Schützen im Freien zu warten, bis sie das Standhäuschen betreten konnten. Erst 1872 wurde mit Hilfe einer städtischen Anleihe die massive Lade- und Schießhalle erbaut (a 48, Bl. 19). Jetzt freilich viel zu klein für Schießveranstaltungen, wie sie die Neuzeit erfordert.

Aber nicht nur Festklänge sind durch die Räume des Schützenhauses gehallt, sondern auch Schmerzensseufzer und Kriegslärm. Im Spanischen Erbfolgekrieg 1778 und in den Napoleonischen Kriegen wurde es siebenmal als alleiniges Lazarett besonders für typhuskranke Soldaten, und zuletzt als Quartier für die aus Russland zurückkehrenden französischen Gefangenen benutzt. 1778 erlag der Schützenbote Kühn dem Lazarettfieber (e. I. Bl. 24), ebenso im Jahre 1813 der Schützenbote Kießling. Die vielen am Fieber und an Wunden Verstorbenen begrub man bei der großen Schanze auf der Höhe des Mütterleinschen Feldes. Alles Holzwerk des Schießstandes, des Kegelschubes, der Eisgrube, die Fensterläden, Zäune und Zeltpfähle usw. waren verfeuert worden. Wiederholt schon hatten die Schützenältesten die Schäden wieder ausbessern lassen, in den Jahren 1815 bis 1817 wurde das Schießhaus mit sehr großen Kosten von Grund aus erneuert, auch die Wetterfahne ersetzt, deren Knopf von sieben Gewehrkugeln durchschossen worden war. In diesem Knopfe fanden sich auch die Urkunden über den Bau des Schützenhauses vom Jahre 1767 (VI Bl. 67).

Das Schützenhaus 1884 Im Jahre 1884, als Bürgermeister Löhr Dezernent des Schützenwesens war, beschlossen die städtischen Körperschaften, das Schießhaus zeitgemäß umzubauen. Obgleich der Umbau 34300 Mark gekostet hatte, erfreute er sich doch von allem Anfange an nicht des besonderen Beifalls der Bürgerschaft. Die Schützenkasse gab aus ihrem verfügbaren Vermögen 16400 Mark dazu, das übrige Geld wurde bei der Sparkasse geliehen und aus den Einkünften der Schützenanstalt verzinst und getilgt.

Sollten in Bautzen auch einmal größere schießsportliche Veranstaltungen, wie das Wettinbundesschießen oder gar das Deutsche Bundesschießen abgehalten werden können, was für die Geschäftsleute der Stadt großen Gewinn brächte, müßten Schießbahn und Schießhaus wesentlich geändert werden. Und dies wird möglich sein, wenn der gleiche Gemeinsinn, der 1767 das Schießhaus schuf, noch jetzt in der Bürgerschaft fortlebt.

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Gönner und Freunde.

Wie in Bautzen waren auch in den anderen Sechsstädten Schützenverbände gegründet worden. Die Landesfürsten erkannten den Wert dieser wehrhaften, wohldisziplinierten Bürgervereinigungen, die das Rückgrat der Landesverteidigung zu werden versprachen, und förderten sie nach Möglichkeit.

Die Urkunde der „Begnadigung“ Kaiser Rudolfs II. vom Jahre 1578, deren Abschrift, wahrscheinlich aus derselben Zeit, sich in der Schützenlade befindet, lautet also:

„Rudolf der Andere, von Gottes Gnaden erwählter Römischer Kaiser, auch zu Ungarn und Böhmen König.
Gestrenger, Lieber, Getreuer! Wir haben auf beide Unserer Städte Görlitz und Zittau unterthänigste Ersuchen und Bitten denjenigen, so an Pfingstfeiertagen mit der Büchsen und Armbrust das Beste tun würden, und in der Stadt nicht begütert, ein Handwerker oder sonsten an Steuern Mitleidung zu tragen hätte, zu einer Verehrung jedes Jahres nach verrichtetem Schießen 10 Taler reichen und abfolgen zu lassen, verwilligt und befehlen Dir hierauf gnädigst, Du wolltest dieses Jahr anzufangen, denen Büchsen- und Armbrustschützen, so in angeregten beiden Städten Görlitz und Zittau das Beste getan, und auch hierfür jährlich auf Unser gnädiges Wohlgefallen die bewilligten 10 Taler aus Unserm oberlausitzischen Einkommen und Gefällen zustellen.
In der Hauptstadt Budissin lassen wir es bei der hier bevor gemachten Ordination der jährlichen 20 Taler sowohl auch in angeregten beiden, auch anderen Städten Unseres Markgrafentums Oberlausitz, daß nämlich diejenigen, so nunmehro in bemeldeter Büchsen und Armbrust am Pfingsten das Beste tun würden, und in der Stadt begütert, der Steuer desselben Jahres befreiet und erlassen sein solle, ohne Veränderung wir hierbei gnädigst verbleiben.
Danach Du Dich zu richten, und es ist also Unser gnädiger, gefälliger Wille und Meinung.
Geben auf unserm Königl. Schloß zu Prag, den 20. des Monats August, im neunzigsten, Unseres Reiches, des Römischen in 17ten, des Ungarischen im 19ten und des Böhmischen auch im 17. Jahre.
Rudolf.“

Der große Stadtbrand von 1634 hatte fast alle Fahnen, Kleinodien, Satzungen und Urkunden vernichtet, und die Bürgerwaffen waren durch den Krieg unbrauchbar geworden.
Da schenkte Johann Georg I. im Jahre 1655 der Stadt dreihundert Hakenbüchsen mit dem kurfürstlichen Wappen aus den Beständen seines Zeughauses (e 5. S. 8). Von diesen übergab der Rat 12 Stück den Bürgerschützen zum ständigen Gebrauche. Länger als 200 Jahre sind sie, zwar mehrfach umgeändert, unter der Bezeichnung „Kurfürstliche Röhrchen“ beim Schießen verwendet worden. Noch bis zum Jahre 1826 wurde aus ähnlich schweren Standbüchsen geschossen. Eine Anzahl davon sind dem Stadtmuseum einverleibt worden.

Im Jahre 1657 war Kurfürst Johann Georg II. mit großem Gefolge zur Erbhuldigung auch nach Bautzen gekommen. Die Bürgerschaft und der Adel bereiteten ihm einen ebenso glänzenden als herzlichen Empfang, und bei dieser Gelegenheit baten ihn die Schützenältesten um eine besondere Begnadigung des Schützenwesens. Bald darauf erhielt der Rat nachstehend wiedergegebene Urkunde, die sich im Original ebenfalls in der Schützenlade befindet. Sie lautet:

„Von Gottes Gnaden Johann George der Andere, Herzog zu Sachsen usw.

Fester Rat und lieber getreuer! Nachdem uns bei neulichster Unserer Anwesenheit zu Budissin der Zeit verordnete Schützenältesten daselbst untertänigst angelanget. Wir möchten geruhen, das Schützenwesen daselbst gleich unser in Gott ruhender Hochgeehrter Herr Vater, Löblichen Andenkens der Schützengesellschaft zu Görlitz getan, zu begnadigen, und Wir in Anmerkung derer treuen Dienste, welche bei vorigen Kriegszeiten die Bürgerschaft daselbst und sonsten jederzeit geleistet, auch noch tun soll, kann und mag, Wir auch des Nutzes, der aus sotaner Uebung und Gebrauch der Gewehr auf begebende Fälle zu gewarten, zu diesem Exercitio ihre Gnade damals gewilliget und zwar dergestalt und also, daß jeder unter den Schützen, der sowohl in der Weißen als Schwarzen Scheiben durch angewendeten Fleiß König werden möchte, in dem Jahre, da er dazu gelanget, ein absonderlich Bier über die ihnen sonst zukommende Zahl ohne Abgabe der darangehörigen Steuern brauen, auch da dieses Glück einen Handwerksmann oder anderen, der mit der Braugerechtigkeit nicht versehen, treffen würde, derjenige unter deren Biereignern, so den nähesten Schuß nach dem Könige hat, das Bier brauen und hergegen dem Könige gebührende Ergötzlichkeit auf des Rats Erkenntnis tun solle, als haben Wir solches auch hiermit zu eröffnen die Notdurft befunden, mit gnädigstem Begehren befehlen, ihr wollet deswegen obengenannten Schützenältesten gebührlich Andeutung tun und sie bei dieser Begnadigung schützen und handhaben.

Daran geschieht Unsere Meinung, und Wir sind auch mit Gnaden wohlgewogen.

Dresden, am 9. September 1657.

Johann Georg, Kurfürst.“

Der gewährte Steuererlaß und die an den „Bierkönig“ zu zahlende Ergötzlichkeit wurde anfangs auf 14 Taler, später aber höher, bis auf 40 Taler im Jahre 1817, bemessen (f. 8 Bl. 1). Dieses Recht ist erst abgelöst worden, als sich die brauberechtigten Bürger im Jahre 1846 zu einer Braukommun zusammenschlossen und ein gemeinschaftliches Brauhaus erbauten.

Im Jahre 1664 kam der Kurfürst mit seiner Gemahlin abermals nach Bautzen, nahm mit seinem Gefolge am Pfingstschießen teil und schenkte der Kompanie eine silberne Münze zum Andenken, die am Gehänge des Schützenkönigs befestigt wurde. Im nächsten Jahre kam er abermals zum Bürgerschießen, wahrscheinlich, weil es ihm sehr gut gefallen hatte, und verehrte den Bürgerschützen eine Fahne als besonderen Beweis seiner Gnade. Die Fahne im Ausmaß von 3 ½ Ellen nach jeder Seite hin war aus blauem Seidenstoffe gefertigt und zeigte das kursächsische Wappen mit dem Kurhute darüber, umgeben von einem grünen Blätterkranze. Diese Verzierungen waren aus Seidenzeug in den heraldischen Farben in das Fahnentuch eingenäht. Der Fahnenstock war anscheinend mit rotem Stoff umwunden und den zum Anheften des Fahnentuches am Schafte gebrauchten Zwecken ein gelber Bandstreifen untergelegt (c. 5. S. 17). Heute noch bewahrt der Stadtrat diese Fahne auf dem Rathause auf, und die Schützen führen sie heute noch bei ihrem Auszuge zum Bürgerschießen. Im Jahre 1710 wurde die Fahne ausgebessert (f. 5. 38), aber der Zahn der Zeit hatte sie so zernagt, daß sie erst wieder entfaltet werden konnte, nachdem die verbliebenen Reste von der Fahnenfabrik Teichert in Pirna kunstvoll zwischen Tüll eingebettet worden waren.

Da richteten im Jahre 1865 die Hauptleute der Bürgergarde, Kaufmann Braun, Gärtner Klausch und Baumeister Kube, an den Stadtrat das Ersuchen, man möge den König Johann bitten, daß er der Bürgergarde eine neue Fahne verleihe. Der König erfüllte diese Bitte gern und ließ am 28. Juni 1867 der Bürgergarde durch den Kreisdirektor Freiherrn von Gurschmidt in Gegenwart der Stadtvertretung und des Offizierskorps der Bürgergarde in feierlicher Weise eine neue Fahne übergeben. Diese prächtige Fahne ist aus schwerer grüner Doppelseide hergestellt, trägt auf der einen Seite das königliche Wappen in Gold und bunter Seide gestickt, auf der anderen Seite zur Unterscheidung von einer militärischen Fahne die von einem Eichenkranze eingefaßte Inschrift: Bürgergarde zu Budissin. Das vier Quadratellen messende Fahnentuch ist rings mit schweren Goldfransen eingefaßt und an einem prächtigen Schafte befestigt, von dessen Spitze schwere Silberquasten herabhängen. In feierlicher Weise vollzog man am 1. Juli 1867 die Weihe des neuen Banners. Da beide Fahnen Geschenke von Landesherren waren, mußten ihnen auch die üblichen militärischen Ehren bezeigt werden. Wenn sie beim Auszuge der Bürgergarde an der Hauptwache und an der alten Kaserne vorbeigetragen wurden, trat das Wachtkommando ins Gewehr und rührte das Spiel.

Der König Johann von Sachsen brachte schon als Prinz dem Bautzener Schützenwesen sein Wohlwollen entgegen. Im Jahre 1839 besuchte er mit seinem damals 11jährigen Sohne, dem Prinzen Albert, Bautzen. Bei ihrem Rundgange um die Stadt wurden sie auf der Schießbleiche von den in Parade mit ihren damaligen Königen und Marschällen aufgestellten beiden Bürgergardenkompanien begrüßt und der Prinz mit einem schussfertigen kurfürstlichen Röhrchen beschenkt. Kurz darauf schenkte er zum Danke die beiden silbernen Schilde, die noch heute den Königsschmuck zieren und die Inschrift tragen:

„Ist Gott für uns, wer mag wider uns sein“
und
„Treue Bürger sind der Fürsten Freude.“

Angeregt durch die Huldbeweise der Fürsten und in dem Bestreben, das Schützenwesen in der Stadt zu fördern, auch aus Freude über erlangte Würden, schenkten, wie schon an anderer Stelle ausgeführt wurde, Ratsmitglieder, Schützenälteste und wohlhabende Bürger ansehnliche Kapitale zur Veranstaltung von Stiftsschießen, die die Schützenältesten auf Hausgrundstücken hypothekarisch festlegten (f. 9 Vol. II.).

Die jeweiligen Scheibenkönige, auch –marschälle, bereicherten von Jahr zu Jahr die Behänge, mit denen die Würdenträger bei dem jährlichen Schützenauszuge geschmückt wurden, indem sie kostbare Kleinodien, meist in Silber getriebene Schilder mit Sinnsprüchen, Handwerkszeichen, Familienwappen und Hausmarken dazu stifteten. Viele dieser Kleinode haben nicht nur einen hohen Sach- und Kunstwert, sondern auch, da sie wohl ausnahmslos in Bautzener Werkstätten gefertigt wurden, den Wert geschichtlicher und kulturgeschichtlicher Urkunden. Im Stadtmuseum sind sie zu jedermanns Betrachtung ausgestellt. Cornelius Gurlitt würdigt die ältesten dieser kostbaren Zierate in seinem Werke „Bau- und Kunstdenkmäler des Königreichs Sachsen, 33. Heft: Bautzen Stadt“ einer eingehenden Besprechung (S. 226 – 238). Es kann deshalb an dieser Stelle darauf verzichtet werden. In ihrer Gesamtheit sind sie jedoch noch nicht verzeichnet worden; deshalb möge es hier geschehen.

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Das Gehänge für den König auf der Weißen oder Adlerscheibe

Gehänge für den König auf der Weißen oder Adlerscheibe

  1. Ein 320 Gramm schwerer Adler, Silber, graviert, mit vergoldeter Krone, mit drei Kettchen an einem Ring befestigt, von Heinrich Nitzsch, Schützenältester, 1658.
  2. Vergoldetes Zierstück mit Pauken und Waffen, von Christian Nitzsche, Bürger und Handelsmann, 1662. Zwischen diesem und dem Adler ein Verbindungsglied mit drei roten Edelsteinen.
  3. Schild, Silber vergoldet, von Michael Ehewaldt, Schützenältester, 1662.
  4. Schild mit vergoldeter Vorderseite, von Wolfgang Friedr. Venus, und dem Familienwappen, 1666.
  5. Schild mit Lorbeerzweigen und dem Tischlerzeichen, von Christian Haumann, 1667.
  6. Schild mit eingravierten Blumen, von Friedrich Mühlbach, 1669.
  7. Schild, teilweise vergoldet, mit Blumen und Wappen, von Hans Chaspar Hortmann, 1670.
  8. Schild mit vergoldeten Blumen, von Oberamtsnotarius Elias Donat, 1672.
  9. Schild mit sächs. Schautaler zum St. Georgsfeste, 1678 geprägt, von Michel Laub, 1678.
  10. Schild mit getriebenen Blumen und dem Bäckerzeichen, von Paul Tzschocke, 1692.
  11. Schild mit dem Glaserzeichen zwischen Palmen, von Andreas Wilhelm, 1695.
  12. Die vom Kurfürsten Johann Georg I. geschenkte Münze.
  13. Schild mit zwei von bekrönten Adlern gehaltenen Wappen, von Johan. Friedr. Fern, 1691.
  14. Schild mit Inschrift: „Junctos Natura Fratres Jungit Fortuna Regis“, von Meßler, 1712.
  15. Schild mit der Inschrift: „ab utraque felix“, von Johann Gottlob Wetzel, 1723.
  16. Schild mit Bandwerk, Muschel und Ranken. Auf einer Kugel mit dem Wappen der Familie Venus eine stehende Frauengestalt mit einer Fahne, 1742, ohne Namen.
  17. Schild mit drei Pyramiden und Scheiben, von Michael Christian Kühnel, Strumpffabrikant, König 1749, 1776 und 1779.
  18. Schild mit Krone, Stuhl und Kissen mit Kurschwertern und dem von zwei Mäusen gehaltenen Bäckerwappen, von Johann Christian Mäusel, ohne Jahreszahl. (1722)
  19. Schild in Kartuschenform mit Krone und Lorbeerzweigen und der Inschrift: „Salus et Victoria Nostra“, von Johann Adolf Borns, ohne Jahreszahl. (1725)
  20. Schild mit getriebenem Stiefel, von Gottfried Gudatz, 1767.
  21. Schießklippe mit Scheibe in einem Kreisfeld von J. R. Alzerodt, 1793.
  22. Schild mit Bäckerzeichen, von J. G. Großmann, 1806.
  23. Schild von Gottlieb Schulze, Schuhmacher und Biereigner, 1815.
  24. Schild von F. A. Darschau, Strumpf- und Barettmacher, 1816.
  25. Schild von S. Mütterlein, 1817.
  26. Schild mit der Inschrift: „Deo, Regi, Patriae“, von K. F. Techell, Schützenältester, ohne Jahreszahl. (1822)
  27. Schild von F. G. Krumbholz, 1824.
  28. Schild von Johann Georg Freytag, 1825.
  29. Schild von C. A. Heßler, Waisenamts-Aktuar, 1826 Marschall, 1827 König.
  30. Schild mit Klempnerzeichen, von Johann Gottlob Rachlitz, 1830.
  31. Taler mit dem Doppelbild König Antons und König Friedrich Augusts II., von Albrecht, 1838.
  32. Schild von H. A. Leuner, Stadtrat und Schützenältester, 1840.
  33. Schild von Hermann Domsch, Kürschnermeister, 1841.
  34. Schild von Friedrich von Jeschky, mit Familienwappen, 1846.
  35. Schild von Julius Leuner, 1846.
  36. Schild von C. E. Techell, Ratswagenmeister, 1848 König und 1845 Marschall.
  37. Schild mit eingraviertem Inneren Lauentor vor seinem Abbruch im Jahre 1858, von C. Reiche, 1847 König in der Schwarzen Scheibe und 1857 König in der Adlerscheibe.
  38. Schild von Friedrich August Kistner, 1849 König in der Schwarzen Scheibe, 1855 und 1866 König in der Adlerscheibe.
  39. Schild von C. A. Th. Feige, Lackierer, 1850.
  40. Schild von Johann Gotthelf Großmann jun., Tuchmachermeister, 1851.
  41. Schild von J. F. Petzold, Schützenältester 1833 – 48, vom Jahre 1853.
  42. Klippe, Georgstaler, geprägt bei der Geburt des Prinzen August 1614, mit daranhängendem Schild: Adolf Wilhelm, Glasermeister, 1854.
  43. Schild von Karl Pescheck, Coiffeur, 1861.
  44. Schild von C. H. Bodinus, Bäckerobermeister und Schützenältester, 1864.
  45. Taler, geprägt zur 25. Jahresfeier des Deutschen Reiches, von Curt Moritz Wagner, 1895.
  46. Zweimarkstück König Alberts, in Silberfassung, von Gustav Michel, 1901.
  47. Zweimarkstück König Georgs, silber-vergoldete Fassung mit vier emaillierten Stadtwappen, von Kaufmann Eduard Krämer, 1904.
  48. Zweimarkstück mit Doppelbild König Friedrich I. und Kaiser Wilhelm II., in Silberfassung, von Ernst Hentschel, ohne Jahreszahl. (1900)
  49. Schild mit anhängender, silbergeprägter Schale, geschmückten Indianerkopf darstellend, von Gotthard Schindele, 1912.
  50. Strahlenkreuz mit silberner Festmünze vom 10. Wettin-Bundes-Jubiläumsschießen in Löbau, von Oberlehrer Felix Wilhelm, Königsschuß auf der ersten und auf der zweiten Scheibe, 1924.

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Gehänge des Marschalls auf der Weißen oder Adlerscheibe

Gehänge des Marschalls auf der Weißen oder Adlerscheibe

An einer silbernen Erbskette hängen folgende silberne Kleinodien:

  1. Armbrust-Pfeil, stark vergoldet, 244 Millimeter lang, mit aufgelötetem Bautzener Stadtwappen und einem Wappen mit Wolf (?). Am Kielende die Zahl 1517, ohne Widmung (in Akta f. 9, Vol. III steht Johann Prügel, Bader und Wundarzt, 1687). Daran hängt ein
  2. Dreipaß mit vergoldeten Ranken, auf dunkelgrüner Emaille ein Wappen, quergeteilt Löwe und drei Sterne, ohne Namen und Jahreszahl; daran ein
  3. Roter Stein in vergoldeter Silberfassung, Rückseite Schild mit Stierkopf (?), gez. H. R. 1594.
  4. Konfessionstaler von 1630, ohne Widmung.
  5. Kartusche, bandartig umgerollt, von Christian Nitzsche, 1656, König der Schwarzen Scheibe.
  6. Schild mit eingraviertem Adler, von Johann Kistmacher, 1665.
  7. Schild mit Weinranken und Marke, von Michael Neumann, 1671.
  8. Adler mit dreieckigem Gottesauge, von Christian Martini, 1673.
  9. Schild mit Lorbeerzweig, von Ehrenfried Reidt, 1677.
  10. Schild mit Schere, von Hans Jakob Weber, 1683.
  11. Schild mit zwei Engeln, Palmzweigen, Monogramm G. O. A., 1689.
  12. Schild von Thomas Sperling, Kramer, 1690.
  13. Scheibe mit vergoldetem Adler T. V. W. von Joh. Mich. Prügel, Schützenältester, zum 4. Male König, 1694 und 1687.
  14. Schild mit gravierter Marke, von Elias Donat, 1697.
  15. Doppeladler mit zwei gekreuzten Schlüsseln, von Christian Schmidt, 1711.
  16. Schild, oval, in Paßform, von Tobias Heimann, Oberältester der Barettmacher und Schützenältester, 1719.
  17. Schild mit Monogramm T. J. K. zwischen Palmzweigen, 1719 (v. Crone f. 9 III).
  18. Schild mit Blumenrand, von Joh. Michael Prügel, Bader und Wundarzt, 1681.
  19. Schild von Johann Gottlieb Schmolke, 1733.
  20. Schild in Kartuschenform, v. Jo. Me. Müller, Aeltester der Süßküchler, 1746, zum zweiten Male König.
  21. Schild mit vergoldetem Adler, von C. G. Meißner, 1784.
  22. Schild von Friedr. Wilhelm Holzhausen, 1828.
  23. Schild mit Adler und Krone, von A. Knippelholz, 1856.
  24. Marschallorden des Unif. Schützenkorps, von Aug. Rückert, Schuhmachermeister, 1871.
  25. Jubiläumsmünze 1810 – 1910 auf vergoldetem Schild mit Anhänger, von Hans Hänel, Marschall, 1910.

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Gehänge des Königs auf der Schwarzen oder Zirkelscheibe

Gehänge für den König auf der Schwarzen oder Zirkelscheibe

  1. Silberne Kette aus Blumenranken mit geflammten Kugeln, in deren einzelne Glieder die Buchstaben C. H. R. I. S. T. I. A. N. N. I. T. S. C. H. E. hineingeschlungen sind.
  2. Wappen der Stadt, von zwei geharnischten Bürgern mit geschulterten Musketen gehalten, teilweise vergoldet, prachtvolles Stück aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts, an einem mit den Buchstaben S S gezeichneten Zierstück. Daran
  3. Schild in Bandform, vergoldetes Silber, mit der Inschrift: „Wurde König in der Schwarzen Scheibe zum andern Male, Heinrich Nitzsch, - Bürger – Rat – Viertels–Meister und Schützenältester 1670.
  4. Schild mit Wappen, gez. S. X. G., von Heinr. Nitzsch, 1651.
  5. Schild von Christian Nitzsche, König der Schwarzen Scheibe 1652, 1656, 1682.
  6. Schild mit Fleischerzeichen, von Friedrich Wagner 1667.
  7. Schild mit Engelsköpfen und einem Sporn, von Christian Roch, Meister der Sporer, 1671.
  8. Schild mit drei Schiffchen, von Hans Ritter, 1674.
  9. Schild mit Engelskopf und zwei Delphinen, von Georg Andreas Simon, Tischler, 1684.
  10. Schild mit Stiefel, von Johann Georg Reiberd, 1696.
  11. Taler auf das Reichsvikariat Friedrich Augusts, 1711, ohne Widmung.
  12. Schild von Ehrenfried Naumann, Weißbäcker, 1719.
  13. Schild mit allegorischer Gravierung, von Carl Gottlob Rauchfuß, 1721.
  14. Schild mit Blumengerank, auf dem Buckel eine der Sonne zugekehrte Sonnenrose in einem Parke, von Gotthardt Matthias Henniky, 1724.
  15. Schild von Christian Lehmann, Schneider, 1725.
  16. Schild von Jakob Petzold, 1732.
  17. Schild mit Frauengestalt auf einer Kugel, von Gottlieb Jenichen, 1737.
  18. Schild mit der Inschrift: „Fortuna zeigte sich zwei Brüdern wohl gewogen, da der eine als König aus-, der andere eingezogen, gez. J. G. 1738“ (Kaufherr u. Handesmann Jenichen).
  19. Schild, Rand in Vierpaßform, v. Joh. Friedr. Riebner, 1744.
  20. Schild im Rokokostil mit schwarzer Scheibe, von J. G. Hentsch, 1778.
  21. Medaille auf das Reichsvikariat Friedrich Augusts von 1790, von J. G. Sause.
  22. Medaille auf die Fürstenzusammenkunft in Pillnitz 1791, von August G. Wiesner, 1806.
  23. Schild mit Symbolen des Fleißes, von F. R. Fiebiger, 1824.
  24. Münze Friedrich Augusts von 1711 mit anhängendem Schildchen, von A. Pahn, Büchsenmacher, Marschall 1824, König 1825.
  25. Wappenartiges Schild mit zwei festlichen Fahnen, von Johann Gottlieb Fröde, 1828.
  26. Schild von Johann Friedrich Wölfel, 1832.
  27. Schild von J. M. Pfennigwerth, 1835.
  28. Schild von Christian Wilhelm Hammer, Aeltester der Nadler, 1839.
  29. Schild mit vergoldetem Innungszeichen, von Julius Hartmann, Lein- und Barchentweber, 1842.
  30. Schild von Robert Klemm, 1846.
  31. Schild von Ernst Urban, Schuhmachermeister, 1851.
  32. Schild von Dr. med. Weinlich, 1852.
  33. Schild von A. E. Boetius, Juwelier u. Goldarbeiter, 1853.
  34. Schild von Johann Franz Zwiefel, Stadtrat und Zimmermeister, 1856.
  35. Schild von F. A. L. Klemm, Stadtverordneter, Aeltester der Handlungsinnung, Hauptmann der 2. Komp. der Bürgergarde, 1857.
  36. Schild mit Kaufmannszeichen, von Friedrich August Leberecht Klemm, 1859.
  37. Schild von C. J. Geyer, Kaufmann, Stadtv., 1862.
  38. Schild mit Münze von A. E. Boetius, König 1865, 1872, 1881, Marschall 1855, 1857, 1867.
  39. Silberne Lura von L. Kunz, Stadtmusikdirektor, 1865.
  40. Kaisermünze in vergoldeter Fassung, von Kammerrat Stadtrat Guido Reiche, 1911.

Zum Gehänge des Königs auf der Schwarzen Scheibe Zum Gehänge des Königs auf der Schwarzen Scheibe

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Gehänge des Marschalls auf der Schwarzen Scheibe

Gehänge des Marschalls auf der Schwarzen oder Zirkelscheibe

  1. Talerklippe mit reicher Inschrift an breiter, silberner Kartusche, von Johannes Thomas Printz, von 1662. Die Inschrift lautet: „Den Bogen halt ich hoch / dieweil mir dessen Dienste / zu Dresden fünfzehn hat / der Klippen zu Gewinste / gebracht, doch lob ich auch / das Schießen mit dem Stutz / wodurch manch junger Schütz / gewinnet Kunst und Nutz. / Der Zwinger lehret uns / mit Stutzen recht zu schießen, / und darf manch junger Schütz / sich lassen nicht verdrießen, / die Sach zu nehmen wohl / in acht, man weißet nicht, / was einer können soll, / und was ihm sonst gebricht.“
  2. Schild, 165 : 197 Millimeter, mit Stadtwappen, von Senator Berndt Kreckler, 1675.
  3. Schild von Gottfried Göbel, Goldschmied, 1675.
  4. Schild mit Blumen, von Gottfried Göbel, 1685.
  5. Schild mit Papagei, von Martin Pelargus, 1687.
  6. Schild mit Blumengerank, von Paul Pfeffer, 1689.
  7. Schild mit Buchbinderzeichen, von Bartholomäus Egg, 1701.
  8. Schild mit Zeichen der Schuhmacher, von Christian Heimann, 1702.
  9. Schild in Kartuschenform mit drei scheibengeschmückten Pyramiden auf Sockeln in Landschaft, reich vergoldet, vom Schützenältesten Joh. Christoph Otto; dreimal König 1707, 1714, 1730.
  10. Schild mit Muscheln, von Christoph Mätzler, 1712.
  11. Schild mit vergoldetem Monogramm A. J. und Krone (Andreas Jentsch), 1728.
  12. Schild in Kartuschenform, Schütze schießt vom Standhäuschen nach der Scheibe, von J. S. Leupold, 1753.
  13. Schild in Kartuschform, zwei Löwen halten ein Dreieck gez. J. G. J., 1770 (Johann Gotth. Jrggle).
  14. Schild, klein, vom Kaufherrn J. R. Atzerodt, 1793.
  15. Silberne Scheibe mit Adler, auf der Rückseite ein Stiefel, von J. F. Weller, 1796.
  16. Silberne Scheibe in vergoldetem Kranze, von J. G. Augustin, 1796.
  17. Schild mit Krone, von Gotthelf Hausotter, 1808.
  18. Denkmünze zur Silberhochzeit Kaiser Wilhelms II., von Felix Wilhelm, König 1903, Marschall 1905.

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Gehänge des Königs der Freihandscheibe, an blau-gelbem Bande

  • Großer silberner Stern mit Inschrift: „Dem besten Schützen des Vaterlands-Schützen-Korps zu Görlitz zum 5. Sächsischen Schützenfest zu Altenburg 1869, von Baumeister A. Kube, Marschall 1878.
  • Marschallorden des Unif. Schützenkorps in herzförmiger Silberfassung, von August Rückert, Schuhmachermeister, 1879.
  • Festmünze zum 3. Deutschen Bundesschießen in Wien 1868, auf rosettenartigem Schilde, von Max Mütze, Glasermeister, 1882.
  • Denkmünze vom 1. Oesterreichischen Bundesschießen 1880, von A. Kube, 1883.
  • Festmünze vom 6. Deutschen Bundesschießen in Düsseldorf 1878, von Hofbüchsenmacher Paul Zieschang, 1884.
  • Sterbetaler König Friedrich Augusts I. auf silbernem Schilde, von Baumeister Robert Scheibe, 1887.
  • Krönungstaler Kaiser Wilhelms I., von J. H. Droscha, Baumeister, 1888.
  • Festmünze zum 1. Wettin-Bundesschießen in Dresden mit Silberkranz, von Oskar Henoch, 1894.
  • Jubiläumstaler zur Eröffnung des Nord-Ostseekanals in reichvergoldeter Silberfassung an einer mit Adler geschmückten Kartusche, von Richard Hartmann, 1895.
  • Dieselbe Festmünze wie unter 8 in Silberkranz, von O. Martschink.
  • Zweimarkstück mit König Albert in sternartiger Silberfassung, von Gustav Michel, 1900.
  • Festmünze vom Deutschen Bundesschießen in vergoldeter, herzförmiger Fassung mit Krone, von Adolf Boetius, 1901.
  • Festmünze vom 5. Wettin-Bundesschießen in Zittau an einer Kartusche mit Krone, von Robert Bier, 1903.
  • Festmünze zum 500jährigen Bestehen der Universität Leipzig in einem ovalen Schilde mit vergoldeten Bändern und zwei Dirigentenstäben, von Max Eilenberg, 1909.

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  • Gehänge des Marschalls der Freihandscheibe, an blau-gelbem Bande

    1. Festmünze mit der Aufschrift: Einig und treu. In einem Eichenkranze auf viereckigem vergoldeten Schilde, links und rechts Stadtwappen, von Guido Reiche, seinem ersten Marschall gewidmet, 1878.
    2. Klippe, Denkmünze des 8. Deutschen Bundesschießens in Leipzig in durchbrochener Silberfassung, von Hermann Puy, Seifensiedermeister, 1882.
    3. Markstück mit photographischen Bildern der drei Deutschen Kaiser in vergoldeter Silberfassung, von Guido Reiche, Stadtrat, Marschall 1887, 1894.
    4. Denkmünze an die 800-Jahrfeier des Hauses Wettin auf dreieckigem Schilde, von Max Reinhardt, 1893.
    5. Maltheserkreuz mit Eichenkranz und Gewehren, von Friedrich Dietrich, 1902.
    6. Festmünze zum 500jähr. Bestehen der Dresdener Scheibenschützen-Gesellschaft in sternförmiger Silberfassung von Georg Grimm, 1904.
    7. Plakette Ottos von Bismarck in Altsilberfassung, seitliche Säulen, unten goldne Mauer in blauem Felde, von Guido Reiche, Stadtrat, Marschall 1908.
    8. Taler mit Völkerschlachtdenkmal, von Curt Büttner, 1924.

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    Gehänge für den besten Lagenschützen beim Aufgelegt-Schießen

    1. Doppeltaler des Kaisers Joseph, von 1708, in durchbrochener Silberfassung, von G. Reiche und K. Hörnig, 1925
    2. In Silber gefasstes Fünfmarkstück, von A. Strauch, 1927

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    Gehänge für den besten Lagenschützen beim Freihand-Schießen

    „Aus Anlaß seines eigenen Schußergebnisses beim großen Bürgerschießen 1926, gestiftet von Stadtrat Paul Bruger.“ Silbernes Band mit angehängten 7 neuzeitlichen Jubiläumsmünzen.

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    Anderweitige Stiftungen

    1. Nachbildung des Schützendenkmals hinter der Schießmauer von 1787, 83 Millimeter hoch, auf einer Scheibe.

      Auf dem Sockel die Inschrift:

      Hier wohne / Friede / Freude / Wonne.

      Auf der Pyramide:

      Es / lebe / der / Chur / Fürst. Es / lebe / der / Gan / tze / Rat. Es / Leben / die / Schützen / Aeltesten. Es Lebe / die / Bürger / Scafft.
      Es folgen die Namen der damaligen Schützenältesten.

      Auf der Unterseite der Scheibe:

      A. C. G. Rietschier, Stadt-Major und Ober-Schützen-Aeltester, 1787, brachte den freiwilligen Auszug In Standt.

    2. Silberner Pokal, innen vergoldet. 177 Millimeter hoch, mit Deckel.

      Inschrift:

      T. T. Hrn. Dr. J. E. Scheel, Prätori Budis. und Ober-Schützen-Aeltester verehren dieses zum Andenken des anno 1737 bei dem Johannis Schießen erhaltenen Königsreichs in der Adlerscheibe die Gerichtsschöppen allhier nebst dem Aktuar Dr. H. G. Schmidt, J. H. Otto, Dr. E. F. Schneider, G. S. Jancovius.

    3. Silberner Pokal, innen vergoldet, mit adlergekröntem Deckel.

      Von einem vergoldeten Eichenkranze umgeben die Worte:

      Zum Andenken ihres Vaters gewidmet von Fanny und Elise Wannack am 10. Juni 1910.

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    Pflichten der Bürgerschützen.

    Vergegenwärtigen wir uns noch einmal, wie schon an anderer Stelle ausgeführt wurde, daß das gesamte Schützenwesen der Stadt Bautzen seit den ältesten Zeiten eine durch Ordnungen und Satzungen in allen Einzelheiten geregelte Gemeindeangelegenheit war (e 6. Bl. 42). Das Schützenwesen umfaßte die gesamte unter städtischer Gerichtsbarkeit stehende Einwohnerschaft. Es trug, solange es noch kein stehendes Heer in Sachsen gab, einen ausgesprochen militärischen Charakter, und zwar in bürgerlichem Gewande.

    Den blutigen Ernst, der den mit mancherlei Freuden umsponnenen Waffenübungen zu Grunde lag, hatten die Bürger bei der Beschießung der Stadt im Jahre 1620 und bei der Verteidigung der Stadt gegen die Schweden im Schlosse und die Schweden vor den Stadtmauern im Jahre 1639 genugsam kennen gelernt. Weder damals, noch in der Hussitenzeit war es, dank der Tapferkeit, Disziplin und Waffentüchtigkeit der Bürger, den Feinden gelungen, plündernd in die Stadt einzudringen, obgleich die Stadt in dem 30jährigen Kriege keinerlei Geschütze mehr besaß. Der regelmäßige Exerzier- und Schießdienst, zu dem die Bürger verpflichtet waren, hatte sich in den Zeiten der Kriegsnot aufs beste bewährt.

    Bürger auf Torwacht Aber auch in den Friedenszeiten hatte der Bürger militärische Pflichten zu erfüllen, die recht tief in sein Berufs- und Familienleben eingriffen. Da war es zunächst der Wachdienst. Die 4 Haupttore der inneren Stadt und die 7 Tore und Pforten der Vorstadt mußten dauernd besetzt und bewacht werden. Die Stadtfeldwebel bestimmten wochenweis die Bürger ihres Viertels, die den Wachtdienst an den ihnen zugeteilten Toren zu versehen hatten. Sie bezogen dann die an den Toren erbauten Wachthäuser, und die Frauen brachten ihnen zu den Tagesmahlzeiten das bereitete Essen dorthin. Sie hatten stundenweis am Tage, der bestehenden Ordnung gemäß, mit Spieß oder Muskete auf Posten zu stehen, die Pässe der Eintritt Begehrenden zu prüfen, Unbefugte zurückzuweisen, Lastwagen auf zollpflichtige Waren zu untersuchen, die Tore und Schlagbäume nach dem Abendläuten zu schließen und am Morgen wieder zu öffnen. Auch in der Nacht mußten sie dies nach Bedarf tun, ein ebenso verantwortungsvoller, als zeitraubender und beschwerlicher Dienst.

    Ferner gehörte der Ordnungsdienst in der Stadt zu den Bürgerpflichten. Die dafür bestimmten Bürger bezogen das auf dem Hauptmarkte vor dem Rathausturme 1683 erbaute Wachthaus (B. S. 197). Von hier aus gingen bei Tage und bei Nacht Patrouillen durch die Straßen der inneren Stadt und der Vorstadt. Sie hatten dafür zu sorgen, daß keine Aufläufe, kein ruhestörender Lärm entstanden, keine Behinderung des Wagenverkehrs eintrat, daß ausbrechende Feuer rechtzeitig erkannt wurden, daß sich der Marktverkehr glatt abwickelte. Sie mußten auch später die Militärpatrouillen beim Schenkhausdienst begleiten. Sie hatten Gefangene abzuführen, nach Bedarf auch nach auswärts zu eskortieren, bei Hinrichtungen den Platz abzusperren und in Kriegszeiten Gewalttätigkeiten zu verhindern (I m. 5. Bl. 13). In den Zeiten, wo das seit 1768 in Bautzen in Garnison liegende Militär abwesend war, hatten sie auch den Wacht- und Ordnungsdienst auszuüben, der sonst dem Militär oblag, und hatten bei besonderen Anlässen an die Stelle des Militärs zu treten. So wurden von der Bürgerschaft im Kriege 1813 und 1814 die Paraden vor den Kaisern und Königen, die jeweilig die Stadt bezogen, formiert, die „wegen der guten militärischen Disziplin so wohlgefällig aufgenommen wurden, daß begnadigte Geschenke namentlich vom russischen Kaiser darauf folgten“ (I n 2. Bl. 3).

    In den Zeiten, als es noch keine feuersicheren Oefen gab, als zwischen den Holzgiebeln der Fachwerkhäuser geteerte Holzrinnen entlang führten, brachen oft verheerende Schadenfeuer in der Stadt aus, denen ganze Straßenzüge und Stadtteile zum Opfer fielen.

    Der Feuerlöschdienst bildete vom frühen Mittelalter an die dringendste Aufgabe der Bürger. Er wurde vom Magistrate der Stadt den jeweiligen Zeitverhältnissen entsprechend durch die Feuerlöschordnungen aus den Jahren 1548, 1560, 1596, 1616, 1671, 1780, 1850 geregelt und bis zur Neuzeit immer weiter ausgebaut. Die Oberleitung lag in den Händen des Bürgermeisters. Neben der bestehenden Pflichtfeuerwehr gründete im Jahre 1780 der hiesige Kattunfabrikbesitzer, Hoflieferant Markstein, die „Freiwillige Bürger-Feuer-Kompanie“, die einheitliche Dienstkleidung trug und militärisch organisiert wurde. Im Jahre 1865 beschloß der Rat auf Antrag einer Anzahl einflußreicher Bürger die Errichtung der „Freiwilligen Feuerwehr“. Die Pflichtfeuerwehr, in ihrer Wirksamkeit immer mehr zurückgedrängt, wurde durch Ratsbeschluß vom 1. April 1923 aufgelöst (Rep. III. Sect II hg 16 Bd. 2).

    Es liegt nicht im Rahmen dieser Abhandlung, auf Einzelheiten des Feuerlöschdienstes der Bürger näher einzugehen. Ausführliches darüber berichten Reymann in seiner Stadtgeschichte von Bautzen auf Seite 567 bis 574, die Festschrift zum 25jährigen Stiftungsfeste der Feuerwehrkompanie vom 15. September 1805, die Ratsakten I n Nr. 2 und andere.

    Alle diese Dienste mußten unentgeltlich geleistet werden, nur bei auswärtigem Dienste erhielten die Bürger ein geringes Tagegeld. Die Bürger unterzogen sich, um den angedrohten Strafen zu entgehen, zwar willig diesen Verpflichtungen, empfanden aber doch den Tor-Wachtdienst als äußerst hinderlich und lästig. Wer irgend das Geld dazu hatte, stellte, wenn die Reihe ihn traf, einen Ersatzmann. Der Stadtrat durfte dies zwar der Ordnung halber nicht dulden, konnte es aber auch nicht verhindern und änderte die Bestimmung dahin, daß von jedem Hausbesitzer in der inneren Stadt, später auch in der Vorstadt, ein nach der Größe seines Besitztums gestaffeltes Wachtgeld erhoben werde, von dem die Kosten für die Einstellung vertrauenswürdiger Leute als Torwächter bestritten werden sollten. Das Wachtgeld hatten die Stadtviertels-Hauptleute einzuziehen und an die Kämmereikasse abzuführen.

    Im 16. Jahrhundert bezahlte ein Hausbesitzer je nach Vermögen 1 - 6 Groschen, im 18. Jahrhundert wurde der Betrag allmählich auf 1 Taler 15 Groschen erhöht und auch von den Mietern erhoben. Auch wer sich nur vorübergehend unter der Ratsgerichtsbarkeit in der Stadt aufhielt, wurde zur Bezahlung herangezogen. Man nannte die Abgabe in diesem Falle „Schutzgeld“ (Näheres Ry. 591). Befreit von diesen Diensten und auch vom Wachtgelde waren die Magistratspersonen, die Ratsbeamten, die Geistlichen, die Lehrer, die jeweiligen Schützenkönige und –marschälle und die Stadtoffiziere der Bürger- und Feuerwehr (f. 8 Bl. 5).

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    Die Stadtsoldaten.

    Mit dem Ablaufe des Jahres 1712 befreite der Stadtrat auf allgemeinen Wunsch hin die Bürger von dem so unbeliebten Wachtdienst an den Stadttoren überhaupt und stellte zu diesem Zwecke erst 12, später 24 Stadtsoldaten an, die aus den Erträgen des Wachtgeldes besoldet und eingekleidet wurden. Ihre Vorgesetzten waren der Stadtmajor, ein Mitglied des Rates, ein Wachtmeister, ein Korporal und ein Gefreiter.

    Bautzener Stadtsoldaten Die Stadtsoldaten trugen dunkelgraue Röcke mit lichtblauen Aufschlägen, blaue Westen und Hosen, schwarze Gamaschen, schwarze Filzhüte mit vorn und hinten hochgeschlagenen Krempen, ein Seiten- und Schultergewehr mit Bajonett und eine an einem weißen Brustriemen rückwärts hängende Patronentasche. Der gepuderte, steife Zopf an der Perücke verlieh ihnen ein „properes“ Aussehen (B. S. 215).

    Ansicht vom Hauptmarkt Als Wachtlokal wurde ihnen die Bürgerwache vor dem Rathausturme zugeteilt. Die Stadtsoldaten führten keineswegs ein so geruhsames und beschauliches Dasein, wie dies auf Bildern aus der Biedermeierzeit vielfach dargestellt wird. Sie hatten vielmehr bei Tage und bei Nacht auf dem Posten zu sein. Abwechselnd besetzten sie die Torwachen, und zwar am Aeußeren Lauen-, Reichen-, Ziegel- und Gerbertore mit je 2 Mann, an der Fischerpforte durch 1 Mann, die die Tore und Schlagbäume zu öffnen und zu schließen, die Pässe der Ein- und Ausgehenden und die Wagen auf zollpflichtige Waren hin zu prüfen hatten. Als 1768 Bautzen Garnisonsstadt geworden war, beanspruchte das Militär den Wachtdienst an den beiden Haupttoren, dem Aeußeren Reichen- und Lauentore.

    Die Stadtsoldaten hatten außerdem die Ordonnanz beim Bürgermeister, die Spritzenwache und in Abwesenheit des Militärs das Pikett auf der Hauptwache zu stellen. Besonders bei Jahrmärkten hatten sie die Bürgerwehr beim Ordnungsdienst zu unterstützen, hatten die rückständigen Steuern einzutreiben, als Bettelvögte das liederliche Gesindel niederzuhalten, das sich zu allen Zeiten, besonders aber nach den Wirren des siebenjährigen Krieges nach den Städten zog (W. 695). Bei der jährlich im Februar stattfindenden Stadtratswahl stellten die Stadtsoldaten, wie vor Alters einige Bürgerkompanien, den Wachtaufzug am Rathause und an der Kirche, um das Eindringen Unberufener zu hindern, damit die Wahl ungestört vollzogen werden könne. Anno 1773 traten die Stadtsoldaten unter Führung des Stadtoffiziers Kaufmann Petersen in weißen Gamaschen und weißen Kokarden an den Hüten gleich dem kursächsischen Militär vor dem Rathause an. Die Tamboure schlugen den Marsch des Regiments von Thiele und der Offizier salutierte beim Erscheinen des Rates mit dem Esponton, dem Paradestabe der kursächsischen Offiziere. Auch beim Schützenauszuge zu Johanni trugen die Stadtsoldaten weiße Gamaschen und Kokarden und ließen die Trommler den Militärmarsch schlagen. Wegen dieser Aneignung militärischer Befugnisse wurde der Stadtrat beim Kurfürsten verklagt, doch gelang es ihm, sich glänzend zu rechtfertigen (Rep. VII. II e. 1.).

    Bis zum Jahre 1835 hat die Einrichtung der Stadtsoldaten bestanden. Sie wurde aufgehoben, als in diesem Jahre das letzte Stadttor, das Innere Reichentor, abgebrochen worden war. Damit war ihre Hauptaufgabe, Wachtdienst an den Toren zu tun, erledigt. Der Stadtrat stellte nunmehr sieben Polizeidiener an, von denen je einer am Aeußeren Reichentore, Aeußeren Lauentore und am Ziegeltore Wohnung erhielt. Sie hatten die städtische Eingangsabgabe zu erheben und die Pässe der aus- und eingehenden Handwerksburschen und sonstigen Fremden zu prüfen; drei waren für den städtischen Ordnungsdienst bestimmt. 1876 trat die städtische Schutzmannschaft unter einem Polizeiinspektor an ihre Stelle (Rm. 738, B. handschr. Anh. 80).

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    Die Bürgerwehren.

    Um die Ordnung in der Stadt zu erhalten, bedurfte der Stadtrat auch nach Anstellung der Stadtsoldaten der Bürgerwehr als städtischer Wehrmacht. Im Jahre 1712 ließ er vor dem Steuerhause auf dem Hauptmarkte, dem jetzigen Polizeigebäude, eine neue Hauptwache für die Bürgerwehr errichten. Wöchentlich wechselte die Besetzung nach der Reihe der Stadtviertel, und die Posten hatten je 2 Stunden lang mit dem Gewehr die hölzerne Plattform zu umschreiten und die Wache ins Gewehr zu rufen, wenn ein Ratsherr oder Stadtoffizier vorübergingen. Bei Regen traten sie in einem blaugelb angestrichenen Schilderhause unter. Im Jahre 1776 wurde die Hauptwache dem Militär eingeräumt, nachdem man sie umgebaut und durch einen Vorplatz vergrößert hatte, den man durch eiserne Ketten abgrenzte und mit Lindenbäumen umpflanzte. Man benutzte dazu die Sperrketten, die im Jahre 1531 der Kaufmann Allerleigeld auf seine Kosten hatte anfertigen lassen. Diese starkgliedrigen Ketten spannte man einst von einer Straßenecke zur anderen, um Aufläufe und das Fahren um die Petrikirche während des Gottesdienstes zu verhindern (B. 248). Den Hauptmarkt verschönerte man, indem man 1732 das Wachthaus vor dem Rathausturme niederlegte (Rm. S. 702) und aus dem Material ein Spritzenhaus im Lauengraben baute. Die Bürgerwache aber wurde in die nachmalige Marktmeister-Wohnung unter dem Inneren Lauentore verlegt (B. 220). 1893 gab das Militär die Hauptwache auf; sie wurde abgebrochen, nur basaltene Steine im Pflaster bezeichnen noch die Stelle, wo sie einst gestanden hat. Die Sperrketten aber verwendete man, um den Wasserturm auf der Großen Brüdergasse nach der Mönchsgasse hin zu umfrieden. Wir können uns die zum Königsschießen ausziehenden Schützen nicht gut anders als in schmucker Einheitskleidung militärischen Gepräges denken. Und doch ist die Uniformierung der Schützen erst in neuerer Zeit erfolgt. Ein Bild der ausziehenden Görlitzer Schützengilde, das Dr. Jecht in seiner Arbeit über das Görlitzer Schützenwesen (N. L. M. Bd. 91) bringt, zeigt uns, daß in der Zeit des Dreißigjährigen Krieges die Schützen in ihrer bürgerlichen Sonntagstracht ohne Waffen auszogen. Es wird damals in Bautzen ebenso gewesen sein. Eine gleichartige Kleidung für die Truppen kannte man in früherer Zeit überhaupt nicht. Jeder Landsknecht, Reiter und Offizier wählte sich die Kleidung nach seinem Geschmacke. Eine besonders gefärbte Armbinde unterschied Freund und Feind. Als erste trugen im großen Kriege 1618 bis 1648 die Schweden außer der blauen Binde eine einheitliche Kleidung, später auch die Truppen des Großen Kurfürsten (1640 bis 1688). Erst in und nach dieser Zeit wurde die Uniformierung der Truppen allgemein eingeführt.

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    Die Freiwillige Schützenkompanie.

    Bautzen hatte zwar schon im Jahre 1763 das Regiment von Thiele als Garnison zugeteilt erhalten, aber erst 1768 bezog es in der Stadt seine Quartiere. Die schmucke Uniform der Truppe, ihre Bewaffnung und militärische Disziplin fanden bei der Bürgerschaft allmählich immer mehr Anklang. Da unternahm der damalige Stadtmajor E. Rietschier, der als Ratsmitglied unter der Bezeichnung Deputator ad militaria das Bindeglied zwischen der Bürgerschaft und dem Militär bildete, einen entscheidenden Schritt dahin, die gesamte Bürgerschaft militärisch zu organisieren. Dies geschah am 4. Juni 1787 (f. e. Bl. 1).

    Jedem Stadtviertel wurden je ein Hauptmann oder Kapitän, ein Premierleutnant, ein Sous-Leutnant, ein Fähnrich, ein Fahnenjunker, ein Feldwebel und 5 Unteroffiziere oder Korporale vorgesetzt. Sie wurden aus vertrauenswürdigen Bürgern des betreffenden Stadtviertels gewählt. Erstere führten den gemeinsamen Namen Stadtoffiziere. Drei Stadtoffiziere wurden zur Führung der Feuerkompanie und ein Fähnrich zur Führung der Landspritze bestimmt (f. e. II Bl. 3), desgleichen wurde eine Freiwillige Schützenkompanie mit einheitlicher, dem kursächsischen Militär ähnlicher Kleidung gebildet und nach militärischer Art einexerziert und ausgebildet. Der Eintritt erfolgte „ganz freiwillig, aus Lust und Neigung“ (Bl. 4).

    Diese Einrichtung fand so großen Beifall, daß sich sofort 120 Bürger meldeten, so daß 2 Kompanien gebildet werden konnten. Der Schützenauszug sollte künftig nur von ihnen gebildet werden (Bl. 1). Die Harnischschützen, die noch in bürgerlicher Kleidung teilnehmen wollten, wies man zurück und hob die Verpflichtung zu ihrer Teilnahme am Auszuge auf. Für diese schmucke Truppe wurde bald der Name Bürgergarde volkstümlich.

    Die Bürgergarde war gleichmäßig mit blauen Röcken, weißen Westen, schwarzen Kniehosen, weißen Strümpfen gekleidet und trug schwarze Hüte mit vorn und hinten hochgeschlagener Krempe, mit blau-gelb-weißer Agraffe und einer hohen Feder verziert, sowie Perücken mit steifen, gepuderten Zöpfen. Säbel und Patronentasche hingen an breiten, quer über Rücken und Brust getragenen, weißen Lederriemen. Sie führten Gewehre mit Bajonett und Feuersteinschloß. Die Offiziere hoben sich durch scharlachrote Röcke, gelbe Westen und Beinkleider von den Mannschaften ab und trugen Hüte mit goldener Tresse und Agraffe und golddurchwirkte Säbelkoppel, die Hauptleute den Esponton oder Kommandostab. Ein buntes, den Akten beigeheftetes Bild von 1787 zeigt uns drei Glieder der Bürgergarde mit den Offizieren (f. e. 2. Bl. 5). Aus der Schützenkasse wurden der Schützenkompanie für das Ausführen der Könige 2 Viertel Bier, 25 Taler zu besonderen Ergötzlichkeiten, sowie beim Stellen einer Fahnenwacht auf der Schießbleiche gleichfalls ein Labetrunk je nach der Anzahl der Wachtmannschaft bewilligt.

    Auszug der Bürgergarde Der erste Auszug der Bürgergarde zum Johannisschießen im Jahre 1787 gestaltete sich in einer Weise glänzend, wie ihn Bautzen noch nicht gesehen hatte.

    Nach einem Rapport des Adjutanten Pannach (Bl. 3) erfolgte er in folgender Ordnung:

    • Fahnen Peleton: Der Adjutant, 2 Unteroffiziere und 18 Mann.
    • Die 1. Kompanie, geführt von den Offizieren des Ortenburgviertels, 48 Mann in drei Gliedern mit der kurfürstlichen und der Stadtfahne.
    • Die Könige und Marschälle, begleitet von 2 Ratsmitgliedern und 4 Schützenältesten.
    • Die 2. Kompanie, geführt von den Offizieren des Lauenviertels, 45 Mann in 3 Gliedern.

      Die freie Bürgerschaft:

    • 1. Kompanie, 48 Mann in 3 Gliedern, geführt von einem Feldwebel und 5 Korporälen.
    • 2. Kompanie, 45 Mann in 3 Gliedern, geführt von einem Feldwebel und 5 Korporälen.
    Jeder Kompanie schritten 2 Trommler und 1 Pfeiffer voraus; erstere entlieh man bei der Garnison (Bl. 60).

    1799 schenkte der Schützenälteste und Stadtfeldwebel Kupferschmied Techell der Bürgergarde die zwei noch jetzt im Stadtmuseum befindlichen großen messingnen Trommeln. In den folgenden Jahren übernahmen die Stadtoffiziere der anderen Viertel die Führung. Um sich dem Militär noch mehr anzugleichen, stellte man erst einen, dann zwei Zimmerleute ein, die mit Axt und Schurzfell dem Zuge voranschritten, 1792 wurde eine Grenadier-Kompanie von 36 Mann in zwei Zügen gebildet und der Stadtmajor übernahm selbst die Führung der Bürgergarde. Die Zahl der Teilnehmer stieg stetig, 1795 auf 153, 1803 auf 164. Ein Musikkorps von 21 Mann, 4 Trommler und ein Pfeifer begleiteten jetzt die ausziehenden Schützen (f. e. 2. Bl. 45).

    So groß war die Begeisterung für die Bürgergarde, daß jeder gern die großen Kosten für Anschaffung der Uniform und der Ausrüstung aufbrachte. Wir dürfen dabei wohl auch den lieben Ehefrauen einiges Verdienst zurechnen, die den Herrn Gemahl, besonders wenn er eine gehobene Stelle einnahm und gar so schmuck auftrat, mit besonderem Wohlgefallen ansahen. An den Festlichkeiten im Schießhaussaale, bei den Konzerten, Lustschießen, Tafel- und Ballfreuden nahmen die Gattinnen und Demoiselles Töchter der Bürgergardisten selbstverständlich teil, fanden hier Anschluß an Kreise, die ihnen im bürgerlichen Leben ferner standen und erlebten hier Stunden wonnigen Glücks und sonnigen Glanzes.

    In eine schwierige Lage wurde die Bürgergarde dadurch gebracht, daß im Jahre 1813 der russische General Rennè ihr bei Androhung der Todesstrafe die Gewehre abforderte, daß kurz nachher die Preußen gleichfalls die Musketen requirierten, und soweit sie ihnen brauchbar schienen, wegführten (VI Bl. 70). Schon deshalb konnten 1813 und 1814 keine Königs- und Uebungsschießen stattfinden. In den nächsten Jahren mußten aus Mangel an Musketen fünf bis sechs aus einer Büchse schießen. Die Schützengesellschaft, die neben der Bürgergarde weiter bestand, wußte sich aus anderen Orten bald neue Gewehre zu beschaffen und machte am 8. Juli 1815 den Anfang damit, bei dem Hadamarschen Stiftsschießen gezogene Röhren zu verwenden. Beim Königsschießen durften aber bis zum Jahre 1845 nur Feuersteingewehre mit glatten Läufen gebraucht werden (VI. Art. 13a). Perkussionierte Gewehre mit Zündhütchen wurden erst im Jahre 1867 zugelassen, ebenso Visier, Diopter, Korn, auch durften jetzt Brillen und Gläser auf dem Schafte befestigt werden (§ 3 und 8). Hinterlader zu verwenden, wurde erst durch die Schießordnung von 1878 gestattet (§ 10).

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    Die Nationalgarde

    Rep. VII. Sect. I. m.

    Nach dem Wiener Friedensschlusse 1815 und der Rückkehr des Königs Friedrich August in sein verkleinertes Sachsenland erfuhr alsbald das Militärwesen eine neue Gestaltung. Am 1. Februar 1817 erließ er ein Mandat zur Errichtung einer Armee-Reserve und einer zweckmäßigen Organisation der städtischen Schützenkörperschaften, die künftig diese Armee-Reserve bilden sollten. Alle, die das städtische Bürgerrecht erlangt hatten, sollten verpflichtet sein, in das Schützenkorps der betreffenden Stadt einzutreten und dabei zu verbleiben. Die Befreiung hiervon sollte nur denjenigen zustehen, welche das Alter von 60 Jahren erreicht hätten, die in königlichen Diensten ständen und die dem Stande der Geistlichen und Lehrer angehörten. Dies seien die einzigen Ausnahmen, und jeder sei verpflichtet, ohne Verzug dem Schützenkorps beizutreten (Bl. 1). Ein Loskaufen vom Dienst und eine Befreiung nach dreijähriger Dienstzeit wurde verboten.

    Bürger-Nationalgarde um 1817 Diese neue Einrichtung bedeutete für die Bürger, die bei den Paraden, Wachten, beim jährlichen Königsschießen und anderen Feierlichkeiten fortwährend Dienst tun sollten, außerdem das Wachtgeld, auch sonstige Stellvertretungen aus ihrem eigenen Beutel zu bezahlen hatten, eine neue und große Beschwer. Dazu kam die Verpflichtung zu öfterem Exerzieren, zu Patrouillengängen, zum Transportieren der Militärrekruten und Gefangenen, zur Besorgung der Hauptpost (Bl. 10). Jedes Ausbleiben wurde mit 20 Groschen bestraft. Alle, die seit dem 1. Januar 1813 das Bürgerrecht erlangt hatten, mußten, soweit es noch nicht geschehen war, sich binnen vier Wochen die vorgeschriebene Uniform und vollständige Bewaffnung auf eigene Kosten anschaffen, sich zur Einordnung in die neu zu formierenden 4 Kompanien melden und sich sodann zu allen Dienstverrichtungen pünktlich einfinden (Bl. 12).

    Die Pflichten der National-Bürgergardisten werden in dem Mandat so ausgedrückt:

    „Außer den einem jeden rechtlichen und ehrliebenden Bürger schon an sich heiligen Pflichten der Treue, des Gehorsams, der Ordnungsliebe, der Nüchternheit, des Fleißes in einem gesetzmäßigen Betriebe, der Sittsamkeit haben die Mitglieder der Bürgergarde noch folgende Obliegenheiten zu erfüllen:
    1. Patriotische Verteidigung der Stadt im nötigen Fall gegen einen auswärtigen Feind.
    2. Polizeiliche Erhaltung und Befestigung der inneren Ruhe, Ordnung und Sicherheit der Personen sowohl, als auch des Eigentums ihrer Mitbürger, auch Aufrechterhaltung der bürgerlichen Gesetze.
    3. Die Natur der Sache und die Vereinigung zu einem militärischen Corps verbindet sie ferner zu
    4. einem ausgezeichnet sittlichen Betragen und zur Befleißigung nach einem guten militärischen Anstande, ferner zu
    5. einer pünktlichen Beachtung und Befolgung aller von den Vorgesetzten im Dienste erteilten Befehle und Anordnungen.“

    Aus den Nationalgardisten bildete der Senator Schenk am 23. April 1819 ein Elitekorps (Bl. 13), dessen Glieder gewisse Vorteile genossen. War eine Kompanie des Elitekorps an Stärke auf 74 Mann gekommen, so konnten die Aeltesten mittels eines schriftlichen Scheines vom Dienst befreit werden. Auch war es möglich, daß sich dann einzelne gegen Erstattung von 3 bis 10 Taler je nach Vermögen vom Dienste loskauften. Diese Gelder sowie die Strafgelder flossen in die Schützenkasse und wurden teils zur Beschaffung von Uniformen und Waffen für wenig bemittelte Bürger, teils zu Ergötzlichkeiten des Corps angewendet (Bl. 106).

    Während anfangs 2 Kompanien aus Mangel an Geldmitteln noch die frühere Uniform der Freiwilligen Bürgerkompanie von 1787 trugen, konnte beim Schützenauszuge im Jahre 1820 bereits das gesamte Korps einheitlich „ajustieret“ auftreten. Die Uniform des Nationalgardisten mußte genau dem Vorbilde der Dresdner Nationalgarde entsprechen und bestand in dunkelblauem, frackartigem Tuchrock mit zwei Reihen Messingknöpfen und hohem, gleichfarbigem Halskragen, blaugrauen Tuchhosen, Stulpenstiefeln oder schwarzen Gamaschen, Zweimaster mit weißgrünem Federstutz, Bajonettgewehr mit Feuersteinschloß. An schwarzen, kreuzweise über den Rücken und Brust getragenen Riemen hingen Säbel und Patronentasche.

    Grenadier der Nationalgarde Die Grenadier-Kompanie hatte hohe Bärfell-Mützen mit weißem Stutz und gelben Posamentenschnüren, blaue Röcke, weiße Hosen und weißes Riemenzeug. Die Offiziere trugen scharlachrote, je nach dem Range mit goldgewirkten Tressen verzierte Röcke mit blauen Aufschlägen, gelbe Westen und Beinkleider. (Bilder und Uniformstücke im Stadtmuseum.)

    In dieser Zeit mußte jeder, der den Bürgereid schwören wollte, in voller Uniform und in vollständiger Ausrüstung vor dem Stadtrat erscheinen (I. m. Bl. 110). Schon in den ältesten Zeiten hatten sich die Bürger auf eigene Kosten auszurüsten, sonderlich bei Erlangung des Bürgerrechts ein Gewehrgeld von 8 Talern 12 Gr. entrichten müssen, das dazu verwendet wurde,

    „ledige Handwerks- und andere Burschen nach dem Notfalle zu bewaffnen, um in Gemeinschaft der Bürger die Stadt zu verteidigen und in Anwesenheit des hohen Landesherren zu paradieren“ (I. m. 5, Bl. 13).
    Erschien der Bürger vor dem Rate mit dem eigenen Gewehre, so erhielt er von dem Gewehrgeld 5 Taler wieder zurück.

    Die aus der Bürgerschaft gewählten Vorgesetzten der Nationalgarde waren 4 Kapitäns, 4 Premierleutnants, 4 Sous- oder Unterleutnants, 2 Adjutanten, 4 Fahnenjunker, 4 Feldwebel, 8 Sergeanten, 20 Korporale, 12 Gefreite, 1 Fourier und 1 Regimentstambour. Die Bürgeroffiziere genossen nach des Königs Willensmeinung auch in der Armee militärische Ehren. Im Dienste hatte jeder Bürger den Offizieren und Unteroffizieren militärische Ehren zu erweisen, außer Dienst aber durfte keine Aenderung der vorherigen bürgerlichen Verhältnisse eintreten (Bl. 106). Daß diese Vorschrift über das Verhalten im Dienst und außer dem Dienste zu vielen von beiden Seiten verschuldeten Unzuträglichkeiten führte, beweisen die vielen Beschwerden in den Ratsakten.

    Da die Bürger die Trommeln nicht gut zu schlagen vermochten, wurden drei verabschiedete Liniensoldaten als Tamboure eingestellt und auf Kosten des Korps mit Uniformen versehen. Das Musikkorps wurde auf 24 Mann erhöht. Die roten Federbüsche auf den Hüten der Spielleute und ihre mit gelben Schnüren und Borten reich aufgeputzten Uniformen stimmten gar freudig zu der „Türkischen Janitscharen-Musik, die die Bürgerkompanie bereits im Jahre 1802 angeschafft hatte (Chronik Rudolf S. 170). Diese Janitscharenmusik bestand aus einer großen Trommel, 2 Paar messingenen Becken und einer Harmonika von einer Oktave kleiner Glöckchen“, die in einem großen messingenen, von einer silbernen Sonne überragten Halbmonde hingen und beim Marschieren zum Klingen kamen.

    Die Einrichtung der Nationalgarde hatte die Schützenverhältnisse auf eine ganz neue Grundlage gestellt. War die Beteiligung früher durch die eigene Stadtverwaltung veranlaßt worden, so wurde sie jetzt durch die Landesregierung angeordnet. Gegen diesen Zwang aber wehrte sich der freiheitlich gesinnte Bürger. Zwar konnten, nachdem die Zahl von 400 Gardisten erreicht war, bei dem jährlichen Zutritt von ungefähr 30 jungen Bürgern ebensoviele Entlassungen eintreten, aber die Gesuche besonders aus Kreisen der Bessergestellten um Befreiung vom Dienste liefen, gestützt auf ärztliche Gutachten und Angebote hoher Befreiungsgebühren, äußerst zahlreich ein. Sie füllen zwei Foilanten der Ratsakten (m 1 und 2). Diese Gesuche mußten an den König selbst gerichtet werden, wurden aber fast regelmäßig abgelehnt.

    Da die Uniformierung und Armierung für den einzelnen Bürger sich als viel zu kostspielig erwies, um immer aus eigenen Mitteln bestritten werden zu können, liefen fortgesetzt bei dem Rate und bei der Regierung Gesuche um Beihilfe ein, die auf die Dauer nicht erfüllt werden konnten, auch hatte sich die ganze Einrichtung nicht in dem Sinne als Volkswehr und Armeereserve erwiesen, als die sie anfangs gedacht war. Deshalb hob König Anton durch ein Dekret vom 22. März 1828 die Nationalgarde auf und ordnete Errichtung von...

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    Bürgergarden

    für alle Städte an, die mindestens 1000 Einwohner zählten (VII. I. m. 5. Bl. 1). Die Stärke dieser war auf 1 vom Hundert der Einwohnerzahl ohne Offiziere, Unteroffiziere und Tamboure festgesetzt; in großen Städten sollte sie von 500 zu 500 Seelen jedesmal um 5 Mann steigen (§ 2). Befreit vom Dienst waren die königlichen Beamten, die Ratsherren, Geistlichen, Lehrer und die über 50 Jahre alten Bürger (§ 5). Das älteste Mitglied wurde entlassen, wenn ein junger Bürger eintrat (§ 8). Die Offiziere wurden durch die Stadträte gewählt (§ 9). Alle Bürger hatten die Uniform auf eigene Kosten anzuschaffen, arme Bürger erhielten Beihilfen (§ 12). Die Kämmerei oder Kommunalkasse hatte die Feuergewehre, die Seitengewehre, die Patronentaschen mit Bandelier zu liefern; sie blieben ihr Eigentum, der Gardist hatte sie aber aus eigenen Mitteln gut zu erhalten. Die Bürgergarde hatte in Kriegs- und Friedenszeiten für polizeiliche Ordnung, Ruhe und Sicherheit zu sorgen (§ 14). Die Schützen-Freibiere sollten der Bürgergarde überwiesen werden (§ 19). Die Bürgergarden standen in jeder Beziehung unter dem Stadtrate (§ 21). Die Amtshauptleute führten über sie die Oberaufsicht (§ 22).

    In Bautzen betrug die Stärke der Bürgergarde zunächst 60 Mann (m. 5. Bl. 14). Die Viertelshauptleute vereinnahmten für den Stadtrat das Wachtgeld und bestimmten in jedem Viertel die Mannschaften für den Feuerlöschdienst (Pflichtfeuerwehr), die dem Stadtmajor unterstellt wurden (B. 17).
    Diese neue Einrichtung hatte sich aber noch nicht ausgewirkt, als sie auch schon wieder aufgehoben wurde. Dies geschah durch das Mandat König Antons vom 29. November 1830. Durch dieses Mandat wurde eine allgemeine Volksbewaffnung auf rein demokratischer Grundlage geschaffen:

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    Die Kommunalgarde

    Mit der Errichtung der Kommunalgarde traten für die städtischen Schützenorganisationen abermals völlig neue Verhältnisse ein. Die städtischen Schützenkorps wurden aufgelöst, sie wurden ihrer militärischen Befugnisse entkleidet und zu Privatvereinen erklärt. Sie traten in die Verhältnisse zurück, die sie am 1. Februar 1817 gehabt hatten (§ 1).

    Der Zweck der Kommunalgarde war der gleiche wie bei der Nationalgarde und Bürgergarde (§ 21). Zum Eintritt wurden alle waffenfähigen Bürger und selbstständigen Einwohner vom erfüllten 21. bis zum vollendeten 50. Lebensjahre verpflichtet (§ 3). Ausgeschlossen blieben die aktiven Militärs, die ordinierten Geistlichen, die Lehrer, die Amtsleute und Aktuare, die Dienstboten, Kranken, Almosenempfänger und Personen ohne bürgerliche Ehrenrechte. Der freiwillige Eintritt war gestattet den Lehrern, Beamten, Studenten, Gehilfen und Gesellen mit Genehmigung des Kommunalgardenausschusses (§ 4). Jede Kompanie bestand aus 50 oder mehr Gardisten unter einem Hauptmann, auf je 30 Mann kam ein Zugführer, auf 15 Mann ein Rottmeister; ferner gab es bei jeder Kompanie einen Feldwebel und einen Tambour.

    Die Verfassung war insofern demokratisch, als Hauptleute und Zugführer von der Mannschaft, der Kommandant von den Hauptleuten und Zugführern mit Stimmzetteln auf zwei Jahre gewählt wurden. Ein militärischer Rang außerhalb des Dienstes war mit der Anführerstelle nicht verbunden. Zum ersten Kommandanten wurde der Senator Rietschier, zum Kommunalrepräsentanten Senator Lehmann gewählt, zum Generalkommandanten der Vierstädte bestimmte der Prinz Johann den Landesältesten von Gersdorf, das Oberkommando über sämtliche Kommunalgarden des Landes übernahm er selbst. Die Kommunalgarde

    In die Dienstpflicht wurden auch die auf dem Burglehn wohnenden und unter domstiftlicher Gerichtsbarkeit befindlichen Mannspersonen ohne Unterschied einbezogen (I. n. 1b). Das Domkapitel und das Gerichtsamt hatten zu den Kosten anteilig beizutragen (Bl. 19). Für die innere Stadt wurden 4 Kompanien, für die Vorstadt auch 4 Kompanien gebildet. Jede Kompanie erhielt eine grün-weiße Fahne mit dem Stadtwappen und der Nummer der Kompanie. Vier dieser Fahnen befinden sich im Stadtmuseum. Der Dienst war unentgeltlich, die Verpflichtung erfolgte durch Handschlag. Stellvertretungen im Dienst wurden durchaus nicht gestattet. Wer zu den wöchentlichen Exerzierübungen oder sonst zum Dienst ausblieb, mußte die Zeit nachholen und an den Feldwebel 5 Groschen Strafe bezahlen (a II, Bl. 83). Als Arrestlokal diente der Wendische Turm, als Wachtraum das Wachthaus im Zwinger des Reichentores und nach dessen Abbruch im Jahre 1835 die Feuerwache im Rathause (n 7, Bl. 16).

    Der Mandat bestimmte weiterhin: Die Kommunalgarde trägt keine Uniform, sondern tut ihren Dienst in Zivilkleidern, alle militärischen Abzeichen sind unzulässig. Die Bürgergardisten dürfen ihre Uniform ohne Rangabzeichen beibehalten. Die Abzeichen sind eine weiße Binde am linken Oberarm mit der Kompanienummer und die Nationalkokarde an der Kopfbedeckung. Die Hauptleute tragen eine weiße Schärpe von der rechten Schulter nach der linken Hüfte, die Zugführer eine solche um den Leib, die Rottmeister und Feldwebel eine weiße Schleife im dritten Knopfloch auf der Brust, Portepees werden nicht zugelassen. In der Regel hatte sich jeder selbst mit Schultergewehr, Seitengewehr und Patronentasche zu versehen. Für die Unbemittelten hatte die Stadtverwaltung die Waffen zu beschaffen, 80 Gewehre lieferte die Regierung (Bl. 54). Die gelieferten Waffen wurden nicht Eigentum des Gardisten; er hatte aber für deren Instandhaltung aufzukommen. Einmal im Jahre fand Parade statt. Wurde Generalmarsch geschlagen, hatte sich jeder mit möglichster Schnelligkeit auf dem Alarmplatze bewaffnet einzufinden. Dem Kommandanten war unbedingt zu gehorchen. Beschwerden waren erst nach vollendetem Dienst anzubringen.

    Auch in jeder Dorfgemeinde des Landes war nach dem Mandat des Königs eine Kommunalgarde durch Bewaffnung der wehrhaften, unbescholtenen Einwohner des Ortes zu bilden (I. n. 6. Bl. 4). Dienstboten und Tagelöhner blieben dabei ausgeschlossen. Die Gemeinde hatte die Waffen zu liefern, doch wurde eine Pike schon als genügende Waffe angesehen. Die 31 Dörfer, die einst zur Stadt Bautzen gehört hatten, unterstanden der Kontrolle des städtischen Kommunalgarden-Ausschusses. Näheres darüber berichten die Ratsakten Rep. VII. Sect. I. n. 6.

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    Bürger-Ehrengarde.

    Nach der Auflösung der Bürgergarde am 29. November 1830 war eigentlich niemand mehr da, der den Paradeauszug beim Königsschießen bilden konnte. Die Kommunalgarde „qualificiere sich vermöge des derselben vorgesteckten Zweckes kaum zur Formierung des Auszuges und zur Erfüllung des Wacht- und Polizeidienstes auf dem Schießplatze, werde sich dazu auch nicht verstehen“ (e. 3. Bl. 19). Auch die Stadtsoldaten konnten wegen ihrer geringen Zahl als ein Ersatz nicht angesehen werden (Bl. 9). Um aber den Auszug dennoch zustande zu bringen, schlug der Schützenoberälteste Senator Dr. Johann Ernst Scheele vor, und der Rat genehmigte seinen Vorschlag, daß zur Bildung des Festzuges freiwillige Bürger der Nationalgarde in ihrer seitherigen Kleidung und freiwillige Bürger der Kommunalgarde, jedoch ohne Binde und Kokarde, aufgefordert werden sollten. Die Führung sollten die von ihnen dazu gewählten Offiziere übernehmen (e. 3. Bl. 38). Für den Wachtdienst am Schützenhause, an den Saaltüren und bei der Königstafel, für das Beziehen der Wache nach militärischer Art, Ablösung der Posten, den Zapfenstreich und die Polizeiaufsicht auf dem Platze sollten 50 Taler aus der Wachtkasse bewilligt werden, damit davon die Kosten der Janitscharenmusik beim Auszuge und ein Festball für die Mannschaften im Schießhause bestritten würden (e. 3. Bl. 27). Es meldeten sich 121 Bürger zur Teilnahme. Die Mitglieder der Kommunalgarde erschienen in dunkelblauen bis oben geschlossenen Leibröcken mit blanken Knöpfen, schwarzen Beinkleidern und steifer Mütze (Tschako) mit Federbusch. Zum Kommandeur wählte man den Feldbesitzer Kube, zum Adjutanten den Kaufmann Pfikert, zu Offizieren den Korduaner Fiebiger, Wagenmeister Donsch, Glasermeister Ferdinand Wilhelm, Buchbinder Rosenkranz, Kupferschmied Techell, zum Führer des Musikkorps den Hausbesitzer Schönfeld (e. 3. Bl. 79). Diese neue Vereinigung nannte sich Bürger-Ehrengarde (e. 3. Bl. 155). Nach ihrem Statut bildete die Bürger-Ehrengarde „einen unzertrennten, jedoch keineswegs bevorzugten Teil der Kommunalgarde, der seine bisherigen Führer beibehielt und sich bei besonderen Gelegenheiten der ihnen verliehenen Fahne bediente“ (I. n. 2. Bl. 14). So kam es denn, daß in den Jahren 1830 bis 1835 der Festzug gebildet wurde von Bürgern in der Uniform von 1787, die man „Bürger-Nobelgarde“ nannte, von Bürgern in der Uniform der Nationalgarde und von Bürgern in der einfachen Uniform der Kommunalgarde.
    Von Jahr zu Jahr aber wurde die Zahl der alten Uniformen immer geringer und demgemäß auch die Zahl der Träger. Eine Verstimmung darüber, daß das Militär auf der Hauptwache und der Posten vor dem Hause des Obersten von Egidi die kurfürstliche Fahne beim Vorbeimarsch nicht salutiert hatte, ließ befürchten, daß der Auszug im kommenden Jahre 1836 überhaupt nicht zustande kommen werde (e. 3. Bl. 113). Damit aber hätte das große Bürgerschießen viel von seiner Anziehungskraft auch auf die Landbevölkerung verloren. Um dies zu verhindern, erließ der Schützenälteste J. G. Heydemann einen Aufruf an die junge Bürgerschaft, eine...

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    Freiwillige Bürgergarde mit einer Jägerkompanie

    zu bilden, ohne daß es für den einzelnen nötig werde, sich eine kostspielige Kleidung anzuschaffen.

    „Jeder Teilnehmer erscheint im blauen Oberrock, weißen Pantalons, der blauen Kommunalmütze mit gelber Kette und Federstutz, Bajonettgewehr, Seitengewehr und Patronentasche (e. 3. Bl. 127), übernimmt alle Pflichten der Ehrengarde und verzichtet auf jede Entschädigung“.
    Es meldeten sich 140 Bürger, stellten sich unter den Befehl des Hauptmanns Kube und wählten die Herren Ulbricht, Jokusch, Fiebiger und Falke zu ihren Offizieren. Beim Auszuge 1836 traten sie in zwei Kompanien auf dem linken Flügel der Bürger-Ehrengarde an, Kube führte die 1., Ulbricht die 2. Kompanie (e. 4. Bl. 3). In der Bürgerschaft nannte man sie die „Blaue Garde“ oder kurz „Die Blauen“.

    Am 9. Februar 1837 gab der Advokat Bensch dem Rate bekannt, daß sich 24 Mann der alten Bürgergarde zusammengetan hätten, um eine Jägerkompanie zu bilden, die sich am Festzuge und, ihrer Stärke entsprechend, an dem Wacht- und Polizeidienste während des Schützenfestes beteiligen wollten. Ihre Kleidung sollte sein:

    hellgrüner Tuchrock mit weißen Knöpfen, auf denen ein mattes Hörnchen ersichtlich, weiße Fangschnüre, hoher, schwarzer, einseitig aufgekrempter Hut mit grünem Federstutz, einer Nationalkokarde mit einem weißen Hörnchen und Bouillons, weiße oder, wenn es die Witterung erforderte, schwarze, tuchene Pantalons mit Strippen, Büchse, an einem grüngestickten Bande an der Schulter getragen, Hirschfänger und Kartusche (e. 4. Bl. 60).
    Sie wollten unter ihren Offizieren Bensch, Heydemann und Feldwebel Registrator Heerklotz im Zuge unmittelbar hinter der Musik eingestellt werden, ihre Zahl solle niemals 40 übersteigen.

    Die unter dem Hauptmann Kube stehenden zwei Kompanien uniformierten sich also:

    blauer Tuchrock mit Epauletten von blauem Tuche mit halbem, goldenem Monde, weißer Fangschnüre, hoher Tschako mit gelber Sonne und Stadtwappen, weiß-grüner Federstutz und Kette, weiße oder, wenn es die Witterung erforderte, schwarz-tuchene Pantalons, Obergewehr mit Bajonett, Seitengewehr und Patronentasche, bei Tambouren roter Stutz und rote Fangschnüre.
    Die Offiziere beider Abteilungen trugen gleiche Abzeichen:
    Säbel in weißer, blanker Scheide, silberne Achselstücke, eine silberne Schärpe um den Leib, in deren Quaste die Farben der Stadt Budissin ersichtlich waren, die Hauptleute eine ebensolche von der rechten Schulter nach der linken Hüfte, am Säbel silberne Portepees. Der Kommandant erschien in blauem Tuchrock mit vollen goldenen Achselstücken, dreieckigem Hute mit Federstutz, der Adjutant ebenfalls im blauen Tuchrock und Tschako mit Federstutz.
    Dieser freiwillige Verein von Bürgern der Stadt bildete ein Ganzes unter dem Namen „Freiwillige Bürgergarde mit einer Jägerkompanie“ (e. 4. Bl. 45). Mitglieder durften nur in die Bürgerrolle der Stadt Budissin eingetragene, im vollen Genusse der bürgerlichen Ehrenrechte befindliche Bürger sein. Sie traten in alle Pflichten und Rechte der alten Bürgergarde ein. Sie wählten ihre Offiziere selbst, der Stadtrat aber den Kommandanten unter drei zur Wahl vorgeschlagenen Offizieren. Die ersten Offiziere der Bürgergarde waren: Kommandant Eduard Wallis, C. M. Bensch, Hauptmann der Jägerkompanie, Johann Traugott Kube, Hauptmann der 1. Kompanie, und Karl Ulbricht, Hauptmann der 2. Kompanie (e. 4. 42). Der Stadtrat genehmigte unter dem 25. März 1837 das „Generalstatut für die Bürgergarde zu Budissin“ (e. 4. 56). Von nun an fand der Schützenauszug nicht mehr von der Wohnung der Oberschützenältesten, sondern vom Rathause aus statt, wo auch die kurfürstliche Fahne in Empfang genommen wurde (e. 4. 52). Da sich die „Blaue Garde“ meist aus Gewerbetreibenden, die „Grünen Jäger“ sich meist aus Kaufleuten und Beamten zusammensetzten, Kreisen, die sonst gesellschaftlich wenig miteinander verkehrten, so begrüßte man das Zusammengehen beider als soziale Annäherung. Jede der beiden Genossenschaften errichtete 1828 auf der Schießbleiche ein großes Gesellschaftszelt (II. f. 18), und das Schützenwesen der Stadt erfreute sich wieder seines früheren Glanzes. Da seit 1830 die Kommunalgarde die gesetzliche bewaffnete Macht der Stadt bildete (II. e. 5. Bl. 13), in die sich die neu gebildete Bürgergarde als privater Verein zur Ausgestaltung der Bürgerschießen und zur Erhaltung der alten Schützenprivilegien einfügte, konnte auch der Stadtrat die alten Zwangsbestimmungen zur Beteiligung der Bürger an den Schießen nicht mehr in vollem Umfange aufrechterhalten. Unter dem 11. Juni 1835 beschloß der Rat: „Sämtliche Innungen, welche nach der größeren oder kleineren Zahl ihrer Mitglieder eines oder mehrere derselben als Zwangsschützen zu stellen verbunden sind, werden dieser Verbindlichkeit hiermit gänzlich enthoben, ebenso werden alle hiesigen ansässigen und unansässigen Bürger aller vier Jahre, so oft das Viertel der Stadt, welchem sie angehören, an der Reihe steht, als Zwangsschützen am Schießen teilzunehmen oder eine bestimmte Einlage von 12 Groschen auf beide Scheiben zu berichtigen, dieser Verpflichtung enthoben. Für die jungen Schützen vom Harnisch wird dagegen die Verpflichtung des Zwangsschießens von 3 auf 4 Jahre ausgedehnt“ (II. c. 20. Amtsblatt 1835, Nr. 25). Im Jahre 1848 kam auch die letztere Verpflichtung in Wegfall, und zwar durch den Ratsbeschluß vom 26. Mai (c. 17 Vol. IV. Bl. 105). Dadurch erlitt die Schützenkasse einen bedeutenden Ausfall an Einnahmen, den der Schützenausschuß dadurch ausglich, daß er die Zahl der Freigedecke an der Königstafel wesentlich verminderte (Bl. 109). Die Kommunalgarde hatte sich in den Jahren bis 1848 in ihrem Aeußeren dem Militär immer mehr angeglichen. Die bürgerliche Kleidung war in ihren Reihen fast ganz verschwunden und dem blauen Tuchrocke gewichen, wie ihn die Soldaten trugen; schwarze Beinkleider, schwarzes Riemenzeug, ein blaues Käppi, bei Paraden ein Tschako vervollständigen das soldatische Aussehen, nur die weiße Binde am linken Oberarme, über die im Revolutionsjahre ein schwarz-rot-goldenes Band getragen wurde, kennzeichnete den Bürger als Kommunalgardisten. Die Kommunalgarde führte auch die den Bürgern einst verliehene Fahne, da sie ja die ganze wehrhafte Bürgerschaft in sich aufgenommen hatte. Diese Fahne aber konnte ihres Alters wegen kaum noch entrollt werden. Deshalb reichte der Ausschuß durch den Hauptmann Schenk beim Rate ein Gesuch um Erneuerung der Fahne ein (II. e. 5. Bl. 13). Der politischen Verhältnisse wegen wurde aber das Gesuch an den König damals nicht abgeschickt. Wie schon an anderer Stelle ausgeführt, wurde die Fahne erst im Jahre 1867 durch eine neue ersetzt (Bl. 23).

    Am 3. Mai 1849 kam die Nachricht von der Revolution in Dresden zur Kenntnis der Bürger und rief große Aufregung hervor. Die Bürgerschaft der Stadt stand auch auf dem Boden der freiheitlichen Frankfurter Verfassung. Beim Exerzieren zweier Kompanien der Kommunalgarde stellten einige Gardisten den Antrag, eine Adresse an den König nach Dresden zu veranlassen, in der erklärt werden solle, „ daß die Kommunalgarde zu Bautzen die Verfassung anerkenne und diese Anerkennung gegen jedermann verteidigen wolle“. Es wurde Generalmarsch geschlagen, um die ganze Kommunalgarde zu versammeln, was große Erregung hervorrief, da man den Zweck nicht kannte (Ry. S. 183). Die Adresse unterblieb, weil wenige Tage darauf das Militär und die Bürgerschaft gemeinschaftlich den Eid auf die Verfassung leisteten. Böhland berichtet darüber S. 103 folgendes aus eigenem Erleben:

    „An dem dazu bestimmten Tage zog morgens 9 Uhr die Kommunalgarde mit klingendem Spiele vor die Kaserne (die alte) und rückte mit dem Militär gemeinschaftlich nach dem Exerzierplatze (der Viehweide). Hier nahm Oberst von Buchner dem Militär und der Stadthauptmann Seemann der Kommunalgarde den Eid ab. Beide betonten in ihren Ansprachen das gute Einvernehmen zwischen beiden Wehrverbänden. Dann erwiesen beide Verbände den nebeneinandergestellten Fahnen die gleichen militärischen Ehren, stellten ihre Gewehre, untereinandergemischt, in Pyramiden auf, traten aus den Reihen, um einander die Hände zu reichen, und zogen dann, geschmückt mit der schwarz-rot-goldenen Kokarde, nach der Stadt zurück, wo sie vom Jubel der Bevölkerung empfangen wurden.“
    Am 22. Juni 1863 kam der König Johann zur Huldigung nach Bautzen. Um den königstreuen Sinn der Bautzener Bürger dankend anzuerkennen, wünschte er, daß die Kommunalgarde an dem Gasthof „Zur Weintraube“ in der Reichenstraße, wo er abgestiegen war, die Ehrenwache stellte, während das Militär den sonstigen Wachtdienst übernahm.

    Durch das revidierte Regulativ von 1851 wurden über Bekleidung und Dienst der Kommunalgarde neue Bestimmungen erlassen (I. n. 8). Für die Gardisten wurden kurze Waffenröcke von dunkelblauer oder dunkelgrüner Farbe mit gleichfarbigen Kragen und Aufschlägen, Mützen oder Käppis vorgeschrieben, für die Chargen Epauletts, Portepees, Hutkordons, Federstutze und Kragenbesatz. Der Kommandant trug eine Schärpe, einen dreieckigen Hut mit weißem Federstutz, Epauletts mit silbernen Fransen und einem bouillonartig gemusterten Halbmonde, Portepees und Hutkordon von Silber ohne grüne Beimischung, reiche Stickerei am Kragen. Die Bataillonskommandanten ebenso, jedoch einfacher gestickt, die Hauptleute Käppis oder Tschako, sonst ebenso, die Feldwebel und Rottemeister silberne Tressen am Kragen, weißes Portepee, Tamboure und Signalisten farbige Schulterstücke und Portepees. Die Abzeichen durften aber denen des Militärs nicht ähnlich sein.

    Aus der ausführlichen Dienstordnung (Bl. 95 bis 106) sei nur hervorgehoben, daß der Wachtdienst in der Regel 12 Stunden nicht übersteigen durfte, daß die Schildwachen das Gewehr nicht aus der Hand legen, sich nicht setzen und nicht weiter als 15 Schritt von ihrem Posten entfernen durften, und das den Frauen der Besuch in dem Wachtlokal verboten wurde (§ 22 bis 25). Bei ausbrechenden Bränden hatte die dazu bestimmte Abteilung sofort unter Waffen zu treten (Bl. 101). Die vom Stadtrate schon im Jahre 1780 militärisch organisierte Feuerkompanie war im Rahmen der Kommunalgarde unverändert erhalten geblieben. In Stärke von 100 Mann bildete sie einen in sich geschlossenen Verband, der aus eigenen Mitteln eine Funeral- oder Begräbniskasse bildeten, aus der den Mitgliedern bei Todesfall 25 Taler gestiftet wurden (I. n. 2. Bl. 11). Sie war einheitlich gekleidet und mit Aexten, Spitzhacken, Wassereimern ausgerüstet „und hatte ihre Pflicht stets aufs aufopferndste erfüllt. Zweimal hatte sie die Seidau vom gänzlichen Untergange gerettet, bei einem Brande auf der Ortenburg das Archiv in Sicherheit gebracht, wofür sie 25 Taler landesherrliche Prämie erhielt, und 1827 beim Lauengassen-Brande der Wut des Feuers Grenzen gesetzt“ (Bl. 10).

    In dieser Zeit wurden auch die zwei alten Schützenrechte abgelöst und aufgehoben, das Bierrecht (1851) und die Befreiung der Könige und Marschälle von den Real- und Personalsteuern (1867) (II. c. 23. Bl. 43).

    Im Jahre 1847 hatten die Inhaber der städtischen Bierhöfe nach Bildung einer Braugenossenschaft ein gemeinschaftliches Brauhaus auf dem Meldeschen Felde vor dem Aeußeren Lauentore erbaut. Nach langen Verhandlungen mit dem Rate löste im Jahre 1851 die Braugenossenschaft das Bierrecht der Schützenkönige gegen einmalige Bezahlung von 1000 Talern an die Schützenkasse ab (II. d. 14. Bl. 229). Zum Ausgleich erhielt jeder Würdenträger einen 43 Gramm schweren Speiselöffel 12lötigen Silbers, der König 50 Taler, der Marschall 20 Taler in bar. Als 1878 zum ersten Male eine dritte Königsscheibe geschossen wurde, entfiel von den verfügbaren Zinsen auf den König dieser Scheibe ein Betrag von 50 Mark, auf den Marschall von 25 Mark, während der Betrag für die Könige und Marschälle der ersten und zweiten Scheibe auf 100 Mark und 50 Mark bemessen wurde.

    Das Kriegsjahr 1866 brachte für die Stadt Bautzen zwar nur eine kurze, für das Schützenwesen aber recht bedeutsame Besetzung durch preußische Truppen. Der Kommunalgarde wurden die Waffen abgenommen und nicht wieder zurückgegeben, und indem Sachsen dem Norddeutschen Bunde beitrat, führte es gleichzeitig die allgemeine Wehrpflicht bis zum 33. Lebensjahre ein. Als der Kommunalgarde auch das Tragen der militärischen Uniform verboten wurde, löste sie sich allmählich auf. Da nun der Sicherheitsdienst in der Stadt anderweitig geregelt werden mußte, die Stadtverordneten aber den Ratsbeschluß, beim Ministerium die Aufhebung der Kommunalgarde zu beantragen, ablehnten (I. n. 4. Vol. II. Bl. 23), beschloß der Rat, eine...

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    Freiwillige Schutzwehr

    zu bilden (1. n. 13). In erster Linie sollten die Freiwillige Bürgergarde, dann aber auch andere vertrauenswürdige Personen im Alter bis zum 45. Jahre herangezogen werden. Die Kommunalgardisten hatten ihre Monturstücke, Käppis, Musikinstrumente und veralteten Gewehre, die vom Rat einst geliefert worden waren, und die die Preußen nicht mitgenommen hatten, dem Rate zurückgegeben (Bl. 39). Mit diesen, aber auch mit Piken und Stöcken, wurde nun die Schutzwehr ausgerüstet. Als Abzeichen trug sie eine weiße Binde mit einem roten Streifen am linken Oberarme. Es wurden 4 Abteilungen von je 20 Mann gebildet. Die erste Abteilung umfaßte 20 vollständig eingekleidete Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr unter Führung von Gustav Fabian, die zweite Abteilung wurde aus Bürgern der inneren Stadt unter Eduard Hartmanns Führung, die dritte aus dem Lauen- und Fischergassenviertel, die vierte aus den Bewohnern des Wendischen und Reichenviertels gebildet. Diese wurden für den Sicherheitsdienst in der Stadt bestimmt. Für den Wachtdienst bei einem ausbrechenden Schadenfeuer bestimmte der Rat 100 mit Bluse, Leibgurt und Feuerwehrmütze gekleidete Bürger (I. n. 14. Bl. 39).

    Unter dem 7. April 1870 hob das Ministerium die Kommunalgarde endgültig auf, aber auch die von ihm einst genehmigte bürgerliche Schutzwehr, und wies dem Militär-Wachtkommando den Sicherheitsdienst bei Schadenfeuer zu (Kreisblatt 1870, Nr. 91).

    Auch die Blaue Bürgergarde durfte ihre Uniformen nicht weiterhin tragen. Viele, besonders ältere Bürger scheuten die Kosten, sich eine neue Uniform anzuschaffen, und traten aus. Der Festauszug zum Königsschießen in den nächsten zwei Jahren wurde nur noch von einigen Angehörigen der Jägerkompanie, im übrigen von Bürgern in Zivil gebildet, und im Jahre 1873 konnte ein Auszug uniformierter Schützen überhaupt nicht mehr stattfinden. Da erklärte der Stadtrat durch Beschluß vom 30. Januar 1874 die Auflösung der Bürgergarde, zu der nach § 2 des Generalstatuts auch die Jägerkompanie zu rechnen sei (II. e. 6. Bl. 7), aber erklärte sich im Einverständnis mit den Stadtverordneten bereit, die Neubildung eines der Bürgergarde ähnlichen Vereins zu fördern und ihm die 29 perkussionierten , auf dem Boden des Rathauses aufbewahrten Gewehre als Eigentum zu überlassen (Bl. 17). Die Stadtverwaltung hatte erkannt, daß das Bautzener Schützenwesen, herausgewachsen aus dem Boden der ruhmreichen Vergangenheit ihrer wehrhaften Bürgerschaft, wohl würdig sei, weiter erhalten und gefördert zu werden, und daß die Bautzener Schießbleiche, die im Verlaufe der Jahrhunderte ein rechtes, echtes Volksfest für Stadt und Land geworden war, das auch den Geschäftsleuten manche erwünschte Einnahme brachte, ohne einen Festauszug nicht werde zu erhalten sein.

    Den Bemühungen des Ehrenkommandanten der Jägerkompanie, dem Klempnermeister Moritz Kube, gelang es denn auch, eine Anzahl von Bürgern zusammenzufassen, die in einfachen, aber geschmackvollen, auch im Zivil verwendbaren Einheitskleidung im Jahre 1874 den Festzug zu bilden bereit waren, und die letzten Grünen Jäger erhielten vom Rate die Erlaubnis, sich in ihrer alten Tracht mit den üblichen Waffen in den Festzug einzureihen (Bl. 63). Für den neuen Verein war zunächst der Namen Schützenkompanie ins Auge gefaßt worden. Nach Vereinigung mit dem Reste der Jägerkompanie aber wurde durch Beschluß vom 19. Mai 1876 der Name...

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    Uniformiertes Schützenkorps

    festgesetzt. Das Uniformierte Schützenkorps ist keine Körperschaft öffentlichen Rechtes oder eine juristische Person, sondern ein Privatverein (II. e. 6. Bl. 84). Deshalb bestanden vorerst beim Rate Zweifel darüber, ob das Korps die königliche Fahne beim Schützenauszuge zu führen berechtigt sei, und er gestand ihm nur den Gebrauch der alten kurfürstlichen Schützenfahne zu (Bl. 36). Erst am 27. Januar 1892 erkannten der Rat und die Kreishauptmannschaft an, daß sich das Uniformierte Schützenkorps aus der freiwilligen Bürgergarde gebildet habe (Bl. 61); der König verlieh dem Korps bei der Feier seines 25jährigen Bestehens einen Fahnennagel und das Recht an der Fahne (Bl. 62), zu deren Ueberlassung jedoch in jedem einzelnen Falle die Genehmigung des Stadtrates einzuholen war. Um aber bei den privaten Veranstaltungen nicht das Darleihen der Fahne vom Rate erbitten zu müssen, stifteten die Frauen des Korps diesem im Jahre 1927 ein eigenes schmuckes Banner.

    Bezüglich der Bekleidung hatte die Kreishauptmannschaft unter dem 29. Juni 1878 angeordnet, daß diese zu keinerlei Verwechslungen mit militärischen Personen Anlaß bieten dürfe (II. e. 6. Bl. 95). Durch das Statut von 1873, 1878 und 1894 wurde als Kleidung bestimmt: dunkel-blaugraue Joppe mit grünem Kragen und Hirschhornknöpfen, schwarze Beinkleider, kleiner, runder, grüner Hut mit langem Federschweif (seit 1878) und kurze Büchse. Die Unteroffiziere tragen neusilberne Eichenzweige am Kragen (seit 1882), die Feldwebel dazu Achselstücke, Säbel mit silberner Troddel und grünweißem Federstutz; die Leutnants silberne Fangschnüre, silberne Schärpe und weißen Federstutz, der Hauptmann ebenso, die Schärpe von der rechten Schulter zur linken Hüfte, am Säbelkoppel lange silberne Quasten (Bl. 102). Das Uniformierte Schützenkorps hat sich zur Aufgabe gemacht: Pflege der Geselligkeit, Ausgestaltung des Festauszuges beim Königsschießen sowie dessen Belebung durch Stellen der Wachen an beiden Sonntagen an dem von ihm 1920 erbauten massiven Wachthause und an den Saaltüren des Schießhaussaales während der festlichen Veranstaltungen und neuerdings auch Förderung kameradschaftlichen Sinnes im Rahmen des Oberlausitzer Schützenbundes. Das Korps erwarb das 1850 erweiterte Zelt der Bürgergarde und ersetzte es 1921 durch ein neues mit massiver Eisenkonstruktion, als es 1914 einem Brande zum Opfer gefallen war.

    Die alte Schützengesellschaft oder, wie sie zuletzt hieß, die Rundkugelkompanie, deren erstes Schießen aus glatten kurfürstlichen Röhrchen auf der Schießbleiche ins Jahr 1647 gelegt wird (f. 12. Bl. 5), ist zwar infolge der neuzeitlichen Waffentechnik mit ihrem letzten Schießen am 17. August 1900 zur Ruhe gegangen, aber andere Vereine sind an ihrer Stelle aufgeblüht.

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    Der Freihand-Schützenverein.

    Während in vielen Städten Deutschlands und Oesterreichs längst schon aus leichten Büchsen geschossen wurde, bedienten sich die Bautzener Schützen noch, wie vor Alters, ihrer schweren Standbüchsen. Zwar hatten die Bürger auf dem kurzen Stande der Schießbleiche aus leichten Musketen freihändig zu schießen sich geübt, aber bei den Mark-, Stifts-, und Königsschießen wurde dies vom Stadtrate nicht gestattet. Um nun auch in unserer Stadt das Freihandschießen mehr zur Geltung zu bringen, versammelten sich am 17. August 1864 im „Brauhausgarten“ auf Einladung des Baumeisters Alwin Kube 22 Bürger, gründeten den Freihandschützenverein und wählten zu ihren Vorsitzenden den Bankier Heydemann, den Kaufmann Kohl und den Baumeister Kube. Man beschloß, aus „Ordonnanz- oder Schweizer Stutzen“ zu schießen. Der Büchsenmacher und spätere Hoflieferant Paul Zieschang, ein außerordentlich geschickter Meister seines Faches, fertigte diese Stutzen mit einem doppelten Abzuge zum Preise von 35 Talern das Stück einschließlich des Ladegerätes selbst an. Das Schützendirektorium verweigerte jedoch dem neuen Verein die Benutzung des städtischen Schießstandes, weil vielleicht befürchtet wurde, daß dem städtischen Schießwesen Abbruch geschehen könne, oder weil der Schießstand für Spitzkugelgeschosse nicht geeignet erschienen. Deshalb legte sich der Verein im Jahre 1865 bei der Püschelschen Fabrik (jetzt Hauers Gondelfahrt) einen eigenen Schießstand an, wo auf Entfernungen von 150, 230 und 400 Schritt geschossen werden konnte, und wofür sie an Püschel einen jährlichen Pachtzins von 15 Talern bezahlten. Nach Ueberwindung vieler Schwierigkeiten genehmigten Rat und Kreishauptmannschaft den Schießstand. Beim Königsschießen wurden die Schweizer Stutzen nicht zugelassen, im Jahre 1867 aber genehmigt, daß der Verein am Freitag und Sonnabend der Festwoche auf der Schießbleiche freihändig schießen dürfe. 22 Freihandschützen und ebensoviel andere Bürger gaben an diesen zwei Tagen 4582 Schüsse ab. Der Maurermeister Kube erzielte bei 362 Schüssen 327 Punkte = 90,3 Prozent, und der Gastwirt Thiermann bei 351 Schüssen 294 Punkte = 86 Prozent. Im Jahresdurchschnitt erzielte Kube 89 Prozent Treffer, gewiß eine sehr beachtliche Leistung. Der Verein hat die Mitgliederzahl 30 niemals überschritten. Im Jahre 1874 überließ der Rat den Freihandschützen den städtischen Schießstand. Mit Aufwendung von 100 Mark bauten sie den Scheibenstand um, indem sie Zugscheiben, einen Kugelfang und ein Schutzdach für den Zieler anlegten. 1876 übernahm die Stadt den Schießstand. Der Freihandschützenverein hielt stets enge Beziehungen zum Deutschen Schützenbunde, und seine Vertreter brachten von den Bundesschießen manchen kostbaren silbernen Pokal mit heim, der noch jetzt vom Verein verwahrt wird.

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    Der Schützenverein

    Am 1. April 1875 beschlossen die im „Goldenen Raubvogel“ am Hauptmarkte, wie es in den Akten heißt, zusammensitzenden Bürger Otto Hausdorfer, H. Kayser, R. Hartmann, Robert und Otto Fiebiger und Johann Wannack, eine „Spitzkugelkompanie“ ins Leben zu rufen, die denn auch am 21. April 1875 unter dem Namen „Schützenverein“ ins Leben trat. Es sollte aus Standbüchsen mit der Spitzkugel an einem Tage der Woche geschossen werden. Es traten zunächst 40 Schützen bei und erwählten die Herren Kaufmann Siems zum Vorsitzenden, Kaufmann Wannack zum Schützenmeister und Gerbermeister Hausotter zum Kassierer. Der städtische Schützenvorstand überließ dem Verein gegen eine jährliche Gebühr von 45 Mark den Schießstand und der Freihandschützenverein gegen eine Gebühr von 6 Mark seine Scheibeneinrichtung. Nach Ueberwindung seiner Krisenjahre überflügelte der Schützenverein vermöge der ihm innewohnenden Werbekraft die anderen Vereine weit in seiner Mitgliederzahl. Durch die Vielseitigkeit seiner schießsportlichen Veranstaltungen und durch den in ihm waltenden freudigen, schützenbrüderlichen Geist erwarb er sich immer mehr Freunde. Bei den zweitägigen Stichschießen in den Jahren 1898 bis 1901, bei deren jedem zwischen 3500 und 2513 Schüsse abgegeben wurden, zeigte er die hohe Schießsicherheit seiner Mitglieder. Um auch für die Schützensache werbend hervorzutreten, und um den Schützenauszug noch mehr auszugestalten, beschloß der Verein 1911, einheitlich in schmucker, hellgrauer Joppe und Schützenhut mit Stutz gekleidet, in den Festauszug zum Königsschießen einzutreten, und weiterhin im Jahre 1929 ein Banner zu beschaffen, dessen Weihe dann auch am 11. Mai 1929 stattfand.

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    Die Jungschützen.

    Im Jahre 1927 hat das Uniformierte Schützenkorps sich eine Jungschützenabteilung angegliedert, die das Schießen aus Gewehren kleinen Kalibers von einem in den städtischen Schießstand eingebauten besonderen Stande aus pflegt. Sie will damit die Jugend in demselben Geiste heranzubilden suchen, der von jeher in Bautzens Bürgerschaft lebendig gewesen ist.

    So ist die Betätigung der Bürger auf dem Schießstande die gleiche geblieben wie in den alten Zeiten, nur der Rahmen hat sich geändert, in dem sie ausgeführt wird, und der Zweck ist ein anderer geworden gegen den, dem sie einst gedient hat.

    Der Stadtrat von Bautzen aber nimmt heute noch das Schützenwesen der Stadt in seine Obhut und liebevolle Pflege, wie er es von jeher getan, und hält seine alten Ueberlieferungen aufrecht. Durch das Regulativ vom 7. Februar 1853 und einen Nachtrag vom 29. März 1855 faßte der Stadtrat die das städtische Schützenwesen betreffenden Verhältnisse in den Begriff Schützenanstalt zusammen und gab durch das Statutarische Grundgesetz vom 18. August 1877 mit Zustimmung der Stadtverordneten der Schützenanstalt ihre im wesentlichen heute noch geltende Fassung, die unter dem 11. Oktober 1877 die Genehmigung des Ministeriums des Innern erhielt (Rep. VII. II. a.1, Bl. 2 – 16). Nach diesem Grundgesetze umfaßt die städtische Schützenanstalt, im Gegensatz zu den bestehenden Schützengesellschaften, alle zum Zweck des öffentlichen Schützenwesens bestehenden Anstalten und Einrichtungen einschließlich des diesen Zwecken gewidmeten Vermögens und der Stiftungen (§ 1). Das Schützenvermögen bildet einen vom allgemeinen städtischen Vermögen abgesonderten, besonderen Zwecken dienenden Teil des Stadtvermögens; es sind jedoch dessen Nutzungen lediglich für die Zwecke der Schützenanstalt zu verwenden, an welchen alle selbstständigen Bürger und Einwohner der Stadt Bautzen nach Maßgabe des Grundgesetzes und der Schützenordnung teilzunehmen berechtigt sind (§ 2). Die Verwaltung des Schützenwesens steht unter Oberaufsicht des Stadtrates und unter den durch das Grundgesetz und die Schützenordnung festgesetzten Beschränkungen dem Ausschusse für das Schützenwesen zu (§ 9). Mögen diese Verhältnisse zum Segen des Bautzener Schützenwesens für alle Zukunft erhalten bleiben!

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